Reichsbürger bis in den BND

Hauptverdächtiger verstirbt nach Suizidversuch

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit einer Information an die Obleute im Verteidigungsausschuss und einer Pressemitteilung gab das Verteidigungsministerium am Dienstagabend bekannt, dass gegen acht Bundeswehrangestellte einer Dienststelle in Ulm, die für Materialbeschaffung zuständig ist, Ermittlungen geführt werden. Anlass dafür sind die gehegten Sympathien für die Reichsbürgerbewegung. Ein interner Hinweis, der bereits 2019 eingegangen ist, sei der Auslöser gewesen. Nach Informationen des »Spiegel« ist unter den Verdächtigen auch der Leiter der Dienststelle, der zuvor beim Bundesnachrichtendienst BND tätig gewesen sein soll und der noch viele Kontakte zum Geheimdienst habe. Auch der Verdacht eines Netzwerkes stehe im Raum.

»Wir haben es hier ganz klar mit rechtsextremen Strukturen und Netzwerken zu tun. Der Vorfall zeigt einmal mehr, dass von rechtsextremen Einzelfällen bei der Bundeswehr keine Rede sein kann«, sagte Tobias Pflüger dem »nd«. Er sitzt für die Linksfraktion im Verteidigungsausschuss.

Hilfe bei Suizidgefahr

Wenn Sie selbst traurige Gedanken haben oder vielleicht sogar an Suizid denken, versuchen Sie, mit anderen darüber zu sprechen. Das können Freund*innen oder Verwandte sein. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Hilfsangeboten, bei denen Sie sich melden können.

Die Telefonseelsorge bietet rund um die Uhr und kostenfrei Beratung bei Sorgen und Krisen: 0800-111 0 111 oder 0800-111 0 222 oder 116 123. Wenn Sie lieber schreiben als sprechen wollen: Unter www.telefonseelsorge.de können Sie auch mit einem oder einer Seelsorger*in chatten.

Dass rechte Netzwerke in Sicherheitsbehörden existieren, bestreiten die Ermittler der unterschiedlichen Gremien und die verantwortlichen Politiker*innen in den Innenministerien und reagieren gebetsmühlenartig auf die nicht enden wollende Aneinanderreihung von sogenannten Einzelfällen. In ihrer jährlichen Pressekonferenz entgegnete Bundeskanzlerin Angela Merkel: »Ich denke, dass man gegen die Sicherheitsbehörden keinen Generalverdacht hegen darf, aber dass man diese hier genannten Entwicklungen sehr, sehr aufmerksam verfolgen und sehr genau hinschauen muss.« Auf Regierungsseite wurde zwar ein Kabinettsausschuss gegen Rechtsextremismus und Rassismus eingesetzt, doch bei der Frage nach eindeutigen Positionen zum Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden bleibt das Kanzleramt zurückhaltend. »Wir ruhen da nicht«, sagt die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer auf »nd«-Nachfrage. Das Thema Rechtsextremismus sei für die gesamte Bundesregierung ein relevantes Thema. Zu den konkreten Inhalten müssten sich jedoch die Fachressorts äußern. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Christian Thiels, verweist dann jedoch auf das noch laufende Verfahren, zu dem keine Auskünfte gegeben werden könnten. Positiv hob Thiels hervor, dass es im aktuellen Fall interne Hinweise gewesen seien, die die Ermittlungen ausgelöst haben. Das sei eine »ermutigende Entwicklung«.

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Im Parlament zeigen sich nicht nur die Politiker*innen des Verteidigungsausschusses besorgt. Der SPD-Verteidigungspolitiker Thomas Hitschler forderte eine schnelle und umfassende Aufklärung. Aus der Fraktion der Grünen kritisierte Agnieszka Brugger: »Das Verteidigungsministerium hat Reichsbürger und Selbstverwalter viel zu lange als schrullig abgetan und nicht früh genug als Sicherheitsproblem erkannt.« Harte Konsequenzen seien auch im Interesse der großen Mehrheit der Menschen in der Bundeswehr, die ihren Dienst mit großer Verantwortung leisten.

Nach Informationen des SWR und ARD-Hauptstadtstudios haben Sicherheitskreise bestätigt, dass der als hauptverdächtig geltende Mann am Mittwochvormittag an seinem Wohnort in Bayern einen Suizidversuch mit einer Schusswaffe begangen habe und im Krankenhaus verstorben sei. Gegen ihn und die weiteren Beteiligten war im Zuge der Ermittlungen auch ein Verbot ausgesprochen worden, die Bundeswehr-Büros zu betreten.

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