- Berlin
- Arbeitsmarkt in Berlin
Senat verdoppelt Azubi-Programm auf 1000 Plätze
Um Auszubildende von insolventen Unternehmen eine Perspektive zu bieten, nimmt der Rot-Rot-Grün Landesunternehmen in die Pflicht
Die ganze Wucht der Coronakrise spiegelt sich auf dem Berliner Arbeitsmarkt noch nicht wider. Zurzeit gibt es zwei gegensätzliche Entwicklungen: Zum einen entstehen im IT-Bereich sogar zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, was auch mit den aktuellen Digitalisierungsprozessen zusammenhängen dürfte. Es gibt aber auch Branchen, die wegen der Coronakrise bereits daniederliegen: Im Kongress- und Messegeschäft, in der Hotellerie und der Kultur ist der Betrieb im Lockdown heruntergefahren worden.
Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) sagt trotzdem: »Wir sind über die Zahlen überrascht bis positiv gestimmt, Berlin wurde nicht so stark getroffen wie befürchtet.«
Das bedeutet allerdings nicht, dass sich die Politik zurücklehnen könnte. Im Gegenteil. »Wir brauchen branchenspezifische flexible Systeme«, sagt Breitenbach.
Was war letzte Woche noch mal wichtig in Berlin? Plop und Zisch! Aufgemacht! Der Podcast „Rote Brause“ liefert dir alle wichtigen News aus der Hauptstadtregion in nur 15 Minuten.
Rot-Rot-Grün will seinen Schwerpunkt vor allem auf die Qualifizierung von Menschen legen. Um die Menschen zu motivieren, sich beispielsweise im Bereich Digitalisierung schulen zu lassen, soll eine sogenannte Berlin-Prämie eingeführt werden, die an diejenigen ausgezahlt wird, die an einer entsprechenden Fortbildung teilgenommen haben.
Das ist eines der Ergebnisse eines Spitzentreffens, das am vergangenen Freitag im Roten Rathaus zwischen Senat, Verbänden, Gewerkschaften und der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit stattgefunden hat. Bereits zum zweiten Mal fand ein solcher »Arbeitsmarktgipfel« in Zeiten der Coronakrise statt.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einigten sich dabei in Grundzügen auf ein Papier, das noch endgültig abgestimmt werden soll. Klar ist, dass Berlin weiter auf den Bund zugehen muss, um Mittel einzuwerben, mit denen die genannten Qualifizierungshilfen finanziert werden können.
»Die Coronakrise beschäftigt uns sehr in arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischer Hinsicht«, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Freitag im Anschluss an die Spitzengespräche. Ziel aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist es demnach, alles dafür zu tun, dass die Arbeitsplätze in der Stadt gehalten und stabilisiert werden können. Bis zu 50 000 Arbeitsplätze waren allein 2019 in Berlin zusätzlich entstanden, allgemein sprach man lange von einem »Jobwunder«.
Weltweite Handelskrisen, der Brexit und vor allem die Auswirkungen der Coronakrise haben dieser positiven Entwicklung nun ein Ende bereitet. Aktuell beträgt die Erwerbslosenquote in Berlin etwa zehn Prozent. Einige Auswirkungen werden durch Hilfen wie die Kurzarbeit abgemildert.
Besonders dramatisch entwickelt sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt. »Wir haben rein rechnerisch zu wenig Ausbildungsplätze für die Bewerberinnen und Bewerber«, betont Arbeitssenatorin Breitenbach. Besondere Sorgen bereiten ihr die Auszubildenden von insolvent gegangenen Unternehmen.
Allein in der Gastrobranche befürchtet derzeit die Hälfte der Unternehmen, dass sie pleite gehen könnten. Um diesen jungen Menschen eine Perspektive zu bieten, hat Rot-Rot-Grün beschlossen, zu einem bestehenden noch ein weiteres Ausbildungshotel einzurichten. In diesem können schon 18 Auszubildende ihre Ausbildung abschließen. Hinzu kommt, dass das Berliner Ausbildungsprogramm, das bislang 500 Plätze hatte, in Zukunft auf 1000 Plätze verdoppelt werden soll.
»Wenn wir das nicht machen, verwehren wir einer Generation die Zukunft«, so Breitenbach. An die Berliner Unternehmen appellierte die Arbeitssenatorin erneut, gerade jetzt Auszubildende einzustellen, denn diese seien die Fachkräfte der Zukunft.
Was Investitionen angeht, will der Senat mit gutem Beispiel vorangehen. »Wir sparen und kürzen in der Krise nicht«, sagte Müller. Neue Arbeits- und Ausbildungsplätze sollen unter anderem durch die Investition in eine neue Zellklinik entstehen, die als Ergänzung zum geplanten Tumorzentrum gebaut werden soll. Als Kooperationspartner sieht der Senat hierbei Pharmakonzerne. Eine florierende Gesundheitswirtschaft ist eine der Zukunftshoffnungen, die Rot-Rot-Grün hegt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.