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+++ Kretschmer kündigt harten Lockdown für Sachsen ab Montag an +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Dienstag, 08. Dezember 2020: +++ Viele Menschen bereit zum Corona-Regelbruch an Weihnachten +++ Spahn schließt Schließung des Einzelhandels nicht aus +++ Über 14.000 Neuinfektionen vom RKI gemeldet +++

  • Lesedauer: 8 Min.

Berlin. Die Bundesregierung will die Abschlagszahlungen bei den Novemberhilfen zur Coronakrise erhöhen. Unternehmen sollen statt bisher maximal 10.000 Euro künftig maximal 50.000 Euro bekommen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Regierungskreisen nach einer Einigung zwischen Finanz- und Wirtschaftsministerium erfuhr.

Der Bund habe die Verantwortung, die Gesundheit der Bürger zu schützen und das Land zugleich wirtschaftlich und sozial aus der Krise zu führen, sagte Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag im Bundestag. »Wir haben diesen Weg eingeschlagen und werden ihn auch fortführen«, kündigte er an. Unionsfraktionsvize Andreas Jung betonte, die geplanten hohen Schulden würden nicht leichtfertig aufgenommen, sondern weil Menschenleben, Gesundheit und Zusammenleben gefährdet seien. »Weil es unser Land ins Mark trifft.«

Die Auszahlung der Novemberhilfen für Unternehmen verzögert sich derweil weiter. »Der Bund kann den Ländern die dafür notwendige Software noch nicht zur Verfügung stellen«, teilte das bayerische Wirtschaftsministerium am Dienstag mit. Die Länder bräuchten sie schnellstens - »nicht erst irgendwann, sondern hoffentlich noch im Januar«, sagte Minister Hubert Aiwanger (Freie Wähler).

+++ Harter Lockdown in Sachsen ab Montag +++

Das derzeit besonders stark vom Coronavirus getroffene Sachsen geht ab dem kommenden Montag in einen harten Lockdown. Schulen, Kindergärten, Horte und der Einzelhandel mit Ausnahme der lebensnotwendigen Versorgung sollen geschlossen werden, wie Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in Dresden ankündigte. Der Lockdown soll demnach bis zum 10. Januar gelten.

Kretschmer sagte, er habe das Sozialministerium beauftragt, eine Kabinettsvorlage zu verfassen, die am Freitag beschlossen werden solle. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) erklärte, die Lage sei dramatisch. Er kündigte ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum an. In Alten- und Pflegeheime solle es nur Zugang mit Maske und Schnelltests geben, Sport in geschlossenen Räumen werde verboten.

+++ Leopoldina-Experten raten zu Lockdown ab Heiligabend +++

Halle. Angesichts der angespannten Coronalage in Deutschland rät die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina zu einem umfassenden »harten Lockdown« ab Heiligabend. Die Erfahrungen aus anderen Staaten hätten gezeigt, »dass schnell eingesetzte, strenge Maßnahmen über einen kurzen Zeitraum erheblich dazu beitrügen, die Infektionszahlen deutlich zu senken und niedrig zu halten«, erklärte die Akademie am Dienstag in Halle an der Saale. Die Zeit um den Jahreswechsel sollte dafür genutzt werden.

Aufgrund der Weihnachtsferien in den Schulen und eines vielfach ohnehin eingeschränkten Betriebs in Firmen und Behörden seien die Rahmenbedingungen für einen derartigen strikten Lockdown über Weihnachten und Neujahr günstig, erklärten die Experten der Leopoldina in einer Stellungnahme zur aktuellen Debatte. »Ab dem 24. Dezember 2020 bis mindestens zum 10. Januar 2021 sollte in ganz Deutschland das öffentliche Leben weitgehend ruhen und ein harter Lockdown gelten.«

Erste Maßnahmen zur Begrenzung beruflicher und privater Kontakte »auf das absolute Mindestmaß« sollten bereits vor dem Lockdown ab dem kommenden Montag gelten, forderte die Akademie. Unternehmen sollten Mitarbeiter wo immer möglich ins Homeoffice schicken und die Schulpflicht in allen Bundesländern aufgehoben werden. Dies würde Eltern erlauben, ihre Kinder nicht zur Schule zu schicken.

Ebenfalls ab dem 14. Dezember sollten zudem »Gruppenaktivitäten in Sport und Kultur« komplett eingestellt und generell »digitale Möglichkeiten« anstelle von Präsenzangeboten genutzt werden. Mit Beginn des »harten Lockdowns« müssten zusätzlich alle Geschäfte geschlossen werden, sofern sie nicht Waren des täglichen Bedarfs verkauften, forderten die Wissenschaftler in dem Positionspapier.

Auch aus wirtschaftlicher Sicht wäre ein derartiger Schritt nach Auffassung der Leopoldina-Experten vorteilhaft. Zwar würde ein Lockdown »kurzfristig die Wertschöpfungsverluste« für die Firmen erhöhen. Er verkürze aber zugleich den Zeitraum bis die Zahl der Neuinfektionen so weit sinke, dass wieder Lockerungen ermögliche.

Für die Weihnachtstage selbst empfahl die Akademie allen Bürgern einen Verzicht auf Urlaubsreisen. Zusammenkünfte sollte es zudem »nur im engsten stabilen Personenkreis« geben. Nach dem Ende des Lockdowns im Januar müsse in Schulen zudem eine Maskenpflicht im Unterricht in allen Jahrgangsstufen gelten. Ab einer bestimmten Inzidenz sollten außerdem Regeln für Wechselunterricht greifen.

+++ Silvester-Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen im Saarland +++

Im Saarland gilt wegen der Corona-Pandemie am 24.12. sowie jeweils am Silvester- und Neujahrstag ein Alkoholverbot auf belebten Plätzen und Straßen. Zugleich werden die Kontaktbeschränkungen über die Weihnachtsfeiertage etwas gelockert, wie die Landesregierung am Dienstag in Saarbrücken mitteilte.

So dürfen sich zwischen dem 23. und dem 27. Dezember Angehörige eines Haushaltes mit höchstens zehn weiteren Menschen aus drei weiteren Haushalten oder »dem familiären Bezugskreis« treffen. Kinder bis 14 Jahre sind davon ausgenommen. Derzeit dürfen sich im Saarland Angehörige eines Haushaltes mit maximal fünf Personen aus einem weiteren Haushalt oder dem »familiären Bezugskreis« treffen, ausgenommen Kinder bis 14 Jahre.

Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte nach einer Kabinettssitzung, dass das exponentielle Wachstum der Corona-Infektionszahlen zwar gestoppt worden sei. Die bisherigen Maßnahmen - seit Anfang gilt ein Teil-Lockdown mit Schließung unter anderem von Restaurants sowie Kultur- und Freizeitbetrieben - habe aber nicht zu einem spürbaren Rückgang geführt.

+++ Großbritannien beginnt mit Corona-Impfungen +++

Vor allen EU-Staaten will Großbritannien am Dienstag mit flächendeckenden Impfungen gegen Corona beginnen. Zuerst sollen über 80-Jährige, Mitarbeiter und Bewohner in Pflegeheimen sowie besonders gefährdetes medizinisches Personal das Mittel des Mainzer Herstellers Biontech und seines US-Partners Pfizer erhalten. Dabei handelt es sich um etwa sechs Millionen Menschen. Der britische Premierminister Boris Johnson sprach von einem »riesigen Schritt vorwärts«.

50 Kliniken sollen als Impfzentren dienen. Die Behörden zeigten sich bereit: »Alle Teile des Vereinigten Königreichs haben Dosen mit dem Corona-Impfstoff erhalten«, schrieb Gesundheitsminister Matt Hancock bei Twitter.

Wie die Vizechefin des nationalen Gesundheitsdiensts NHS, Saffron Cordery, sagte, sollen bis zum Jahresende vier Millionen Dosen mit dem Impfstoff ins Land kommen. Das würde Impfungen für zwei Millionen Menschen bedeuten, da pro Person zwei Dosen für den vollen Schutz notwendig sind. Insgesamt hat das Land 40 Millionen Dosen bestellt, damit können 20 Millionen Briten geimpft werden - das ist etwas weniger als ein Drittel der Bevölkerung.

Für die meisten Menschen werde es jedoch noch weit bis ins neue Jahr dauern, bis sie geimpft werden könnten, hieß es vom NHS. Ein Regierungssprecher sagte, dass der Großteil der schutzbedürftigen Menschen im Januar oder Februar geimpft werde. Die Behörden betonten, der Impfstoff sei »sicher und effektiv«.

Premierminister Johnson rief alle Menschen, die Anspruch auf eine Impfung haben, dazu auf, sich auch wirklich impfen zu lassen. Thronfolger Prinz Charles dankte allen, die an der Entwicklung des Impfstoffes beteiligt waren. Dank des Mittels könnten die Menschen nun mit neuer Hoffnung nach vorne schauen, sagte er.

+++ Viele Menschen bereit zum Corona-Regelbruch an Weihnachten +++

Nicht wenige Menschen sind einer Umfrage zufolge bereit, die eigentlich für gut befundenen Corona-Regeln an Weihnachten zu brechen. Mehr als drei Viertel der Befragten befürworte die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, ergab die Studie im Auftrag der Universität der Bundeswehr München. 42 Prozent sagten aber auch, sie wollten sich unter Umständen über geltende Regeln hinwegsetzen. Die Schnittmenge zwischen beiden Gruppen liege bei 25 Prozent.

Die Bereitschaft zum Regelbruch sei besonders dann gegeben, wenn Menschen die Regeln für übertrieben hielten oder sicher seien, das nichts passieren könne, heißt es in einer Mitteilung. »Überdurchschnittlich viele Menschen glauben fälschlicherweise, dass Sie eine Situation wie diese im Gegensatz zu anderen Menschen überdurchschnittlich gut einschätzen können - weshalb sie Verbote für andere Menschen gutheißen, sich selbst aber darüber hinwegsetzen«, erläutert Philipp Rauschnabel von der Professur für digitales Marketing und Medieninnovation an der Universität. »Zum anderen ist es sehr wahrscheinlich, dass mehr Menschen die Regeln missachten, wenn sie bemerken, dass andere Menschen das auch machen.«

Grundsätzlich blickt die Mehrheit der insgesamt 1137 online Befragten optimistisch auf das Fest. So stimmten mehr als zwei Drittel der Aussage »Wir machen das Beste draus!« zu. Einige können der Pandemie zu Weihnachten sogar etwas Positives abgewinnen. 28 Prozent glauben demnach, dass die Corona-Krise als Ausrede für unliebsame Verpflichtungen herhalten könne, ein Viertel glaubt, dass es dieses Jahr weniger Streit geben wird, und 45 Prozent geben an, weniger Vorweihnachtsstress zu haben.

+++ Spahn schließt Schließung des Einzelhandels nicht aus +++

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) spricht sich für eine deutliche Verschärfung der Maßnahmen zur Kontaktverminderung aus, sollte die Zahl der neuen Corona-Infektionen in den nächsten Tagen nicht sinken. »Der Ansatz kurz und umfassender, um wirklich einen Unterschied zu machen, ist wahrscheinlich der erfolgreichere. Wenn wir nicht hinkommen mit der Entwicklung der nächsten ein, zwei Wochen bis Weihnachten, dann müssen wir das diskutieren«, sagte der Gesundheitsminister dem Fernsehsender phoenix am Montagabend.

Nicht ausschließen wollte Spahn eine erneute Schließung des Einzelhandels wie im Frühjahr. »Wir müssen das abhängig machen von den nächsten Tagen, ob es uns gelingt, die Zahlen runterzubringen«, sagte der CDU-Politiker.

Auch künftig würden die Bundesländer individuelle Konzepte verfolgen, was er aufgrund unterschiedlicher Inzidenzzahlen auch für richtig halte. »Wir müssen in Sachsen andere Maßnahmen ergreifen als in Schleswig-Holstein, wenn das ganze Akzeptanz behalten soll«, sagte Spahn.

+++ Über 14.000 Neuinfektionen gemeldet +++

In der Nacht zum Dienstag meldete das Robert Koch-Institut in Berlin 14.054 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden. Das waren 450 mehr als eine Woche zuvor. Die Zahl der an oder mit Corona Gestorbenen erhöhte sich um 423 auf 19.342. Bundesweit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz, die die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche angibt, bei 147. Ziel der Politik ist es, die Zahl unter 50 zu drücken. Nur dann sind die Gesundheitsämter in der Lage Infektionsketten nachzuverfolgen. Agenturen/nd

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