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»Geparden« ziehen an den Golf

Bundessicherheitsrat genehmigte abermals Lieferung von Waffen nach Katar

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Der geheim tagende Bundessicherheitsrat hat dem Münchner Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann grünes Licht für die Lieferung von 15 Flugabwehrkanonenpanzern des Typs »Gepard« gegeben. Empfänger ist das Emirat Katar. Darüber informierte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Montagabend die zuständigen Ausschüsse des Bundestages. Zu dem Paket gehören vier zusätzliche Maschinenkanonen, 30 Rohre, 45 Rohrverschlüsse sowie 16 000 Patronen. Das Geschäft hat ein Volumen von insgesamt 31,4 Millionen Euro.

Der radargesteuerte »Gepard« wurde in den 1970er Jahren entwickelt, um eigene Truppen vor Angriffen aus der Luft zu schützen. Ab 2010 wurden die Panzer, die auf dem Fahrgestell des »Leopard 1« basieren, bei der Bundeswehr ausgemustert. Damals übergab man die gesamte Truppenluftabwehr an die Luftwaffe - ein Schritt, den viele Kommandeure bedauerten. Denn gerade in Zeiten, da die Bedrohung durch Hubschrauber und Drohnen wächst, die sogar in Schwärmen eingesetzt werden können, braucht das Militär hochmobile, allwetterkampffähige Flugabwehrsysteme. Deshalb werden jetzt für das deutsche Heer neue Systeme entwickelt.

Das Emirat Katar plane, die »Geparden« zum Schutz der Fußballweltmeisterschaft 2022 einzusetzen, heißt es. Daran darf man zweifeln. Es gibt modernere Drohnenabwehrmittel, die insbesondere im zivilen Bereich hocheffektiv sind. Die Begründung dient also mutmaßlich beiden Staaten als Alibi, um den Bedarf Katars an militärischem Gerät zu unterstreichen.

Die Bundesregierung hat bereits mehrfach die Lieferung von Waffen, militärischen Ausrüstungen und sogenannten Dual-Use-Gütern an Katar erlaubt. Ab 2013 kam das Emirat so in den Besitz von 62 Kampfpanzern »Leopard 2«. Die letzte Tranche wurde samt Ersatzteilen und Munition im Jahre 2017 auf die arabische Halbinsel geschafft. Das Land verfügt zudem über mehrere Batterien deutscher Panzerhaubitzen, die Einführung von deutschen Späh- und Transportpanzern »Fennek« und »Dingo« ist mutmaßlich von Berlin genehmigt und vor Ort in die Wege geleitet.

Die Exportentscheidungen sind höchst umstritten, weil die Region unter großen politischen Spannungen steht. Vor allem die Auseinandersetzung zwischen dem Königreich Saudi-Arabien und Iran geben permanent Anlass zur Sorge. Das Emirat Katar befindet sich dabei in einem Konflikt mit Saudi-Arabien. Gegen die Golfmonarchie hat die Bundesregierung nach langem Drängen aus der Opposition ein Moratorium für Waffenexporte verhängt. Es gilt noch bis Ende des Jahres und müsste erneuert werden. Grund für die Maßnahme war die Ermordung des oppositionellen Journalisten Jamal Kashoggi im Oktober 2018 durch Agenten aus Riad.

Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain werfen ihrem Nachbarn Katar zu enge Beziehungen zum Iran sowie die Unterstützung von Terroristen vor. 2017 hatten die drei Staaten eine Blockade über Katar verhängt und alle Beziehungen zu dem Emirat abgebrochen.

Kritik an dem nun bekannt gewordenen Rüstungsdeal kam von Oppositionsparteien des Bundestages. »Katar als Förderer der Muslimbruderschaft und Unterstützer islamistischer Terrorgruppen darf ebenso wenig wie Saudi-Arabien oder die Türkei mit Kriegswaffen versorgt werden«, forderte Sevim Dagdelen, Vizechefin der Linksfraktion.

Katja Keul, Sprecherin für Abrüstungspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion merkt an, dass die Grundsätze der Bundesregierung für den Rüstungsexport »nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben sind«. Wenn man Kriegswaffenlieferungen an sogenannte Drittstaaten - wie versprochen - tatsächlich restriktiv handhaben wolle, brauche es endlich eine gesetzliche Regelung, deren Einhaltung auch gerichtlich überprüft werden kann.

Nach Keuls Ansicht verbietet auch die Menschenrechtslage in Katar die Lieferung von Waffen. In der absoluten Monarchie sei die Scharia Grundlage jeder Gesetzgebung. Zudem gebe es unter den 2,5 Millionen Einwohnern gerade einmal 300 000 Staatsbürger. Die Mehrheit der Menschen, die in Katar leben, ist ausländische Bedienstete, die unter menschenunwürdigen Ausbeutungsverhältnissen wohnten und arbeiteten. Sie verfügten teilweise nicht einmal über ihre Pässe und seien ihrer Freiheit beraubt, moniert die Grünen-Abgeordnete und wiederholt so Kritikpunkte, die nach der dubiosen Vergabe der Fußballweltmeisterschaft an Katar bereits mehrfach erhoben wurden.

Der Bundessicherheitsrat, dem die Kanzlerin sowie mehrere Minister der Union sowie der SPD angehören, genehmigte auf seiner jüngsten Sitzung auch die Lieferung von 100 vollautomatischen Gewehren von Heckler & Koch an Südkorea. Das Land liegt gleichfalls in einem Spannungsgebiet.

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