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+++ Nicht corona-konform: Bayern erteilt Klarsichtmasken eine Absage +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Donnerstag, 10. Dezember 2020: +++ Müller kündigt harten Lockdown für Berlin an +++ Umfrage: Fast jeder zweite Deutsche für strengere Corona-Maßnahmen

  • Lesedauer: 7 Min.

München. Klarsichtmasken aus Kunststoff schützen nach Einschätzung des bayerischen Gesundheitsministeriums nicht ausreichend wirksam vor Ansteckungen mit dem Coronovirus. Die durchsichtigen Masken gelten damit nicht mehr als ausreichende Mund-Nasen-Bedeckung, etwa an Orten, an denen Maskenpflicht herrscht, teilte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag in München mit.

Zuvor war eine Studie der Hochschule München öffentlich geworden, die den Nutzen von Klarsichtmasken stark in Frage stellte. Tests hätten ergeben, dass die Aerosole unter den Klarsichtmasken austreten und sich dann unkontrolliert ausbreiten können. Dies bedeute ein hohes Ansteckungsrisiko, sagte der Leiter der Studie, der Münchner Professor Christian Schwarzbauer.

Die oft nach unten und zur Seite offenen Klarsichtmasken sind seit einigen Monaten auf dem Markt und von Anfang an umstritten. Befürworter halten sie für günstiger, weil sie das Erkennen von Mimik um die Mundpartie des Trägers erlauben. Einige Schulen und andere Einrichtungen hatten die Masken sogar zeitweise ausdrücklich empfohlen.

Klarsichtmasken aus Kunststoff, auch wenn sie eng anlägen, entsprächen nicht den Vorgaben zur Vermeidung von Aerosolen, erklärte das Gesundheitsministerium. Die Masken seien damit den Kunststoffvisieren gleichzustellen, die die Regierung schon seit längerer Zeit nicht gelten lässt. Zunächst sei man davon ausgegegangen, dass die Klarsichtmasken ausreichenden Schutz böten. Mit zunehmendem Fortschritt der Erkenntnisse über Corona-Infektionen habe dies präzisiert werden müssen.

+++ Müller kündigt harten Lockdown für Berlin an +++

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat einen harten Lockdown für Berlin angekündigt. »Wir werden den Einzelhandel runterfahren müssen - es geht nicht anders«, sagte Müller am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Der Einzelhandel soll bis zum 10. Januar geschlossen bleiben. Auch der für den vierten Advent geplante verkaufsoffene Sonntag könne nicht wie geplant stattfinden.

Der teilweise Lockdown habe zwar geholfen, jedoch nicht die erhoffte Wirkung gezeigt, sagte Müller weiter. Das Personal in Krankenhäusern sei am Ende der Kräfte. »Wie viele Tote sind uns ein Shoppingerlebnis wert, wie viele ein Restaurantbesuch, wie viele Tote ein Kinobesuch?«, fragte Müller. »Mir ist die Gesundheit der Berliner wichtiger als ein Restaurantbesuch.«

Auch an den Schulen muss es Sicht des SPD-Politikers Konsequenzen geben: »Es gibt wahnsinnig viele Kontakte durch Schulgeschehen, durch den Unterricht. Und wir müssen Kontakte vermeiden«, sagte Müller. »Aus diesem Grund komme ich zu dem Ergebnis, dass wir unsere Schulferien bis zum 10. Januar verlängern müssen beziehungsweise es auch eine Variante ist, die Ferien am 4. enden zu lassen, aber die Schülerinnen und Schüler dann in einer digitalen Form oder auf andere Weise zu unterrichten.« Müller kündigte an, er wolle das am Dienstag dem Senat vorschlagen. »Wir werden das miteinander beraten. Ich denke, es ist ein gangbarer Weg.«

Die Maßnahmen sollen vom Berliner Senat am Dienstag beschlossen werden. Ab wann sie in Kraft treten, war noch unklar.

+++ Umfrage: Fast jeder zweite Deutsche für strengere Corona-Maßnahmen +++

Fast jeder und jede zweite Deutsche ist für strengere Regeln im Kampf gegen das Coronavirus. Obwohl die Regelungen zuletzt weiter verschärft wurden, sind 49 Prozent der Meinung, die Maßnahmen müssten »härter ausfallen«. Das sind 18 Prozentpunkte mehr als noch vor zwei Wochen, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten ZDF-»Politbarometer« hervorgeht. 13 Prozent halten die Vorschriften demnach aktuell für »übertrieben«, 35 Prozent finden sie »gerade richtig«.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwoch im Bundestag eindringlich für strengere Corona-Maßnahmen geworben. Sie bekannte sich ausdrücklich zu den Vorschlägen der Leopoldina. Die Nationale Wissenschaftsakademie hatte gefordert, Weihnachten und den Jahreswechsel für einen harten Lockdown zu nutzen. Zudem sollten
Kinder schon ab dem 14. Dezember nicht mehr zur Schule gehen müssen.

Bund und Länder wollen nach Angaben von Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) vom Donnerstag wahrscheinlich noch an diesem Wochenende zu erneuten Beratungen zusammenkommen.

Söder fordert »kompletten Lockdown« - nach Weihnachten +++

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat sich für einen »kompletten Lockdown« von Weihnachten bis zum 10. Januar ausgesprochen. »Einfach mal alles runterfahren von den Geschäften bis hin zu den Betriebsferien in vielen Unternehmen. Wenn alle mitmachen, wäre das super. Dann hätten wir knapp drei Wochen, in denen wir einfach Kontakte reduzieren können. Eine bessere Zeit als diese Zeit zwischen Weihnachten und 10. Januar wird man im ganzen Jahr nicht mehr finden«, sagte der CSU-Chef am Mittwochabend in der ZDF-Talkrunde »Markus Lanz«.

Söder zeigte sich zuversichtlich, dass es vor Weihnachten noch zu einer Runde zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder kommt. Dies könne wegen der Termine der Kanzlerin beim EU-Gipfel aber frühestens am Wochenende oder Anfang nächster Woche geschehen.

+++ Mehr als 20.000 Todesfälle seit Beginn der Pandemie +++

Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus in Deutschland hat die Marke von 20.000 überstiegen. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstagmorgen genau 20.372 Tote, die seit Beginn der Pandemie im Frühjahr an oder mit dem Virus gestorben sind. Im Vergleich zum Vortag erhöhte sich die Zahl der Todesfälle um 440.

Laut RKI werden als Corona-Todesfälle diejenigen gezählt, bei denen die Infektion mit dem Virus ursächlich für den Tod war oder durch Vorerkrankungen wahrscheinlich ist, dass der Tod im direkten Zusammenhang mit Covid-19 steht. Deswegen ist von Menschen die Rede, die »an oder mit« dem Virus gestorben sind.

Die Zahl der insgesamt seit der Pandemie mit CoronaInfizierten stieg am Mittwoch auf 1.242.203. Das waren 23.679 mehr als am Vortag. Der Anstieg war um rund 1.600 Fälle höher als vor einer Woche. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen liegt bundesweit bei 149,7 und damit weit über dem von der Politik angestrebten Wert von 50. Liegt der Wert höher, können die Gesundheitsämter Kontaktketten nicht mehr vollständig nachvollziehen.

+++ Patientenschützer fordern Register für Pflegeheime +++

Angesichts steigender Infektionszahlen in Pflege- und Altenheimen fordern Patientenschützer ein bundesweites Corona-Register für die Einrichtungen. Wie das Divi-Intensivregister für Krankenhäuser müsse ein Corona-Pflege-Radar tagesaktuell das Infektionsgeschehen in jedem der 12.0000 Pflegeheime anzeigen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). Darin erfasst werden sollten die Zahl der Infizierten, der Genesenen, der Verstorbenen und der Heimbewohner, die aufgrund einer Corona-Infektion in eine Klinik verlegt werden mussten.

Zudem müsse auch das jeweils zur Verfügung stehende Personal an ein solches Register gemeldet werden, sagte Brysch: »Nur so wird auch offenbar, wo sofort praktische Unterstützung von außen notwendig ist.« Sobald sich eine Ketteninfektion abzeichne, könnten lokale Taskforces gezielt zum Einsatz kommen. In Kombination mit Hygieneregeln und häufigen Tests würde ein Corona-Pflege-Radar den Schutz Pflegebedürftiger deutlich erhöhen, betonte er.

+++ Cyber-Attacke gegen die Arzneimittel-Behörde +++

Bei einer Cyber-Attacke auf die Europäische Arzneimittel-Behörde EMA in Amsterdam sind Daten der Pharmaunternehmen Pfizer und Biontech abgegriffen worden. Das teilten die beiden Unternehmen in der Nacht zum Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung mit, nachdem sie von der EMA über die Attacke informiert worden waren. Demnach seien »einige Dokumente« im Zusammenhang mit dem Antrag der beiden Unternehmen auf Zulassung ihres Impfstoffs gegen das Corona-Virus von dem Angriff erfasst worden.

Pfizer und Biontech betonten zugleich, dass in diesem Zusammenhang ihre jeweiligen Systeme nicht angegriffen worden seien. Auch seien nach ihrem Wissen keine Daten über die Testpersonen zugänglich geworden. Die Pharmaunternehmen seien zudem von EMA informiert worden, dass der Angriff »keine Auswirkungen« auf das Zulassungsverfahren für den Impfstoff habe.

EMA-Direktorin Emer Cooke äußerte sich am Mittwoch positiv über die mögliche Zulassung des Corona-Impfstoffes von Biontech und Pfizer. »Wir sind immer überzeugter von den Testergebnissen, die uns vorliegen«, sagte sie in einem Interview mit dem niederländischen TV-Nachrichtenmagazin Nieuwsuur. Ende Dezember werde darüber eine Entscheidung fallen. Der Impfstoff zeige eine hohe Wirksamkeit von fast 95 Prozent bei 30 000 Testpersonen und habe kaum Nebenwirkungen.

Ein EMA-Sprecher hatte zuvor bestätigt, dass die Behörde Ziel einer Cyber-Attacke war. Die EMA stehe in Kontakt mit den Justizbehörden und habe unverzüglich eine umfassende Untersuchung eingeleitet. Agenturen/nd

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