»Wir könnten problemlos Skifliegen«

Während die Männer schon WM-Medaillen erspringen, warten Katharina Althaus und Co. noch auf ihren Saisonstart

  • Olek Meyer
  • Lesedauer: 4 Min.

Was dachten Sie, als Sie von all den coronabedingt abgesagten Weltcups zu Saisonbeginn hörten?

Das war schon zum Ende der letzten Saison ganz seltsam, dass von jetzt auf gleich alles abgesagt wurde. Ich dachte mir, im Frühjahr ist das alles noch komisch, aber dann wird’s schon wieder. Ich glaube, wir haben das anfangs ein bisschen unterschätzt.

Katharina Althaus
ist siebenfache Weltcupsiegerin. Seit 18 Jahren springt sie bereits von Schanzen und ist eine der großen Hoffnungen in der deutschen Mannschaft im WM-Jahr 2021. Direkt nach dem Training sprach die 24-jährige Weltmeisterin mit Olek Meyer über die schwierige Vorbereitung in Corona-Zeiten und immer noch anhaltende Ungerechtigkeiten im Vergleich zu den Männern.

Wahrscheinlich waren auch die Vorbereitungen für den aktuellen Winter schwierig. Wie konnten Sie mitten in der Pandemie trainieren?

Es war ganz ungewohnt, dass alle daheim waren. Auch unsere Krafträume waren ja geschlossen. Wir trainierten dann alleine im Garten. Später wurden uns wieder kleine Gruppen erlaubt. Mittlerweile haben wir ein gutes Konzept, es ist aber schwierig, sich auf den Wettkampf vorzubereiten, wenn man nicht weiß, wann oder ob er wirklich stattfindet. Da kann man nicht gut planen.

Fühlen Sie sich denn insgesamt fit für die kommenden Monate?

Auf jeden Fall. Es ist jedoch schwierig, allgemein etwas zu sagen, weil wir nicht wissen, wie weit die Konkurrenz ist, ob die anderen Nationen gut drauf sind. Wir hatten den ganzen Sommer keinen Vergleich zu ihnen. So ist kaum zu sagen, wo wir stehen.

Beim Skifliegen von der ganz großen Schanze in Planica treffen die Männer am Wochenende schon die ersten WM-Entscheidungen der Saison. Frauen dürfen dort immer noch keine Wettbewerbe austragen. Fühlen Sie sich weiterhin diskriminiert?

Es ist natürlich schade, vor allem weil wir die Argumente nicht verstehen.

Wie lauten diese Argumente?

Dass es für Frauen zu gefährlich sei und die Schanzen zu groß seien. Genau das hat man am Anfang auch von den Großschanzen behauptet. Mittlerweile konnten aber alle sehen, dass wir auch gut von denen springen können, und dass es keine Hürden mehr gibt. Von daher ist es nicht erklärbar, warum man uns nicht beim Skifliegen ran lässt. Die besten 10 oder 15 Athletinnen könnten problemlos springen. Das sorgt dann für Unverständnis, wenn man vorne dabei ist und genau weiß, man könnte genau so oder ähnlich gut Skifliegen wie die Männer.

Im Weltcup springen die schon seit Wochen, ihre Veranstalter sagten aber reihenweise ab, was macht das mit Ihnen?

Das war anfangs sehr, sehr bitter, dass all unsere Weltcuporte ihre Veranstaltungen abgesagt hatten. Es war einfach unverständlich, weil die anderen mit ihrer Saison loslegten, nur wir irgendwie nicht. Nächste Woche haben wir ja Gott sei Dank den Wettkampf in Ramsau mit den Kombinierern zusammen. Das ist aber auch komisch. Es funktioniert offenbar, unsere Weltcups gemeinsam mit den Kombinierern auszurichten, mit den Skispringern soll das aber nicht gehen.

Sie sind nun schon 18 Jahre aktiv. Wie wichtig ist dabei eine gute Ernährung, um auf Spitzenniveau zu bleiben?

Sehr, sehr wichtig. Im Team haben wir eine Ernährungsberaterin, die uns dabei unterstützt. Weil bei uns das Gewicht einfach ein Thema ist. Und das gehört zu unserer Sportart einfach dazu. Man muss möglichst leicht sein, aber seine Leistung bringen können und die Schnellkraft haben, um gut zu springen. Die richtige Balance zwischen Kraft und geringem Gewicht zu finden, ist über die letzten Jahre immer wichtiger geworden.

Gibt es ein Problem mit Magersucht im Sport? Zumindest bei den Männern gab es in der Vergangenheit große Diskussionen darüber.

Ich denke schon, dass das ein Thema ist und die nächsten Jahre auch wieder mehr zum Thema wird. Durch die Technik und das Material, das sich im Moment sehr verändert, tendiert das ganze Feld schon wieder dazu, leichter zu werden. Für mich gilt das eher weniger, ich zähle nicht zu den wahnsinnig leichten Sportlerinnen, die da nahe der Gefahr sind, magersüchtig zu werden.

Im Februar finden die Weltmeisterschaften in Oberstdorf statt. Nicht nur, dass die in Deutschland ausgetragen werden, nein, Sie sind sogar dort geboren. Was löst der Gedanke daran in Ihnen aus?

Ich weiß, dass nicht alle Sportler überhaupt mal Weltmeisterschaften zu Hause haben können. Für mich ist es also ein Privileg, vor der eigenen Haustür um eine WM-Medaille springen zu dürfen. Dort, wo alles angefangen hat, ist es natürlich etwas ganz Besonderes. Auf der anderen Seite bin ich noch skeptisch, wie alles ablaufen wird. Ich würde mich freuen, wenn viele Zuschauer kommen dürften. Ich sehe das aber auch realistisch: Das Stadion wird nicht so voll sein, wie wir das bei der letzten Heim-WM 2005 als Nachwuchsathleten mitbekommen haben. Das war eine Wahnsinnsatmosphäre. Das wird wohl diesmal leider nicht mehr klappen.

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