Reporter ohne Grenzen: Weltweit fast 400 Journalisten in Haft

In China steht Bloomberg-Mitarbeiterin »unter dem Verdacht auf Verwicklung in staatsgefährdende Aktivitäten«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Journalisten arbeiten in vielen Ländern weiterhin unter großen Gefahren. Die Zahl inhaftierter Medienschaffender bleibe weltweit auf sehr hohem Niveau, erklärte die Menschenrechtsorganisation »Reporter ohne Grenzen« anlässlich der Vorstellung des ersten Teils der Jahresbilanz 2020 am Montag in Berlin. Am Stichtag am 1. Dezember hätten mindestens 387 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit im Gefängnis gesessen, nur zwei weniger als im Vorjahr.

Mehr als die Hälfte von ihnen seien in China (117), Saudi-Arabien (34), Ägypten (30), Vietnam (28) und Syrien (27) inhaftiert worden, hieß es. 54 Journalistinnen und Journalisten gelten den Angaben zufolge derzeit als entführt, vier sind 2020 verschwunden. Der Anteil der Frauen unter den inhaftierten Medienschaffenden sei um 35 Prozent auf 42 Betroffene gestiegen.

Wegen ihrer Berichterstattung zur Coronakrise seien seit dem Frühjahr 130 Medienschaffende in verschiedenen Teilen der Welt willkürlich verhaftet worden, viele nur für Stunden oder wenige Tage, andere für Wochen, hieß es weiter. Aktuell seien noch mindestens 14 von ihnen im Gefängnis. Hinzu kämen weitere Verletzungen der Pressefreiheit im Zusammenhang mit der Coronakrise, darunter durch Gewalt bei Demonstrationen.

Mehr als 370 meist kürzere Verhaftungen von Journalisten habe es zudem allein in Belarus seit der umstrittenen Präsidentenwahl im August gegeben, hieß es weiter. Die hohe Zahl inhaftierter Medienschaffender weltweit werfe ein »grelles Schlaglicht auf die aktuellen Gefahren für die Pressefreiheit«, betonte Katja Gloger, Vorstandssprecherin von »Reporter ohne Grenzen«.

China ermittelt wegen Staatsgefährdung gegen Bloomberg-Mitarbeiterin

Die chinesischen Strafverfolgungsbehörden haben die Mitarbeiterin der Nachrichtenagentur Bloomberg in China, Haze Fan, »unter dem Verdacht auf Verwicklung in staatsgefährdende Aktivitäten« festgenommen. Die Ermittlungen liefen, berichtete Außenamtssprecher Wang Wenbin am Montag vor der Presse in Peking. Er wies eine kritische Stellungnahme der Europäischen Union zu der Festnahme zurück. Die EU solle die »rechtliche Souveränität Chinas achten und aufhören, unverantwortliche Bemerkungen zu machen«.

Die EU hatte gefordert, alle Journalisten in China sofort freizulassen, die im Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung inhaftiert seien. Auch andere Reporter seien in diesem Jahr schon in China festgenommen worden, sagte ein EU-Sprecher.

Die Bloomberg-Mitarbeiterin war am Montag vergangener Woche festgenommen worden. »Wir sind sehr besorgt um sie und haben aktiv mit den chinesischen Behörden gesprochen, um die Situation besser zu verstehen«, sagte ein Bloomberg-Sprecher. »Wir tun weiterhin alles, um sie zu unterstützen, während wir nach weiteren Informationen suchen.« Chinesische Staatsbürger dürfen in China nicht als Journalisten für ausländische Medien arbeiten. Sie sind in der Regel als Mitarbeiter tätig, die bei Recherchen helfen und übersetzen.

Der Club der Auslandskorrespondenten in China (FCCC) äußerte seine »große Sorge« über das Schicksal von Fan. Chinesische Mitarbeiter leisteten mit Recherchen und sprachlicher Unterstützung »unschätzbare Dienste« für ausländische Medien in China, hieß es in einer Stellungnahme. »Ohne ihre Unterstützung wäre es schwer für ausländische Medien, in China zu arbeiten.« Fan arbeitete seit 2017 für Bloomberg und war zuvor schon für Al Dschasira, CBS News, CNBC und Thomson Reuters tätig.

Eine chinesische Mitarbeiterin der deutschen Wochenzeitung »Die Zeit« saß seit 2014 in China für neun Monate in Haft und kam erst nach starkem Druck der Bundesregierung wieder auf freien Fuß. Agenturen/nd

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