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Der neue Hoffnungsträger
Impfstoffe sind ein Milliardenmarkt, von dem nur wenige Konzerne profitieren
Bill Gates steht im Fokus von Verschwörungsfans. Die Bill and Melinda Gates Foundation des Microsoft-Gründers investiert unter anderem viel Geld in Impfstoffe. So flossen auch mehrere Hundert Millionen Dollar in Entwicklungen, die das Coronavirus stoppen sollen. Seine Stiftung, die seit 2015 auch am deutschen Biotech-Unternehmen Curevac beteiligt ist, konzentriere sich »am stärksten auf Impfstoffe, die in sehr großen Mengen sehr preiswert hergestellt werden können«, sagte Gates kürzlich in einem Interview. Er erwartet die weltweite Verfügbarkeit von Anti-Corona-Impfstoffen in ausreichender Menge für den Sommer 2021.
Nun muss man Leute nicht mögen, die ihr Vermögen als »eiskalte Geschäftsmänner« erwarben und die Gewinne daraus in Stiftungen stecken. Doch letztlich ist selbst einer der reichsten Menschen der Welt nur ein kleiner Spieler im großen Geschäft mit Krankheiten. Die Gesundheitsindustrie gilt unter Investoren und Ökonomen als eine der am meisten boomenden Branchen unserer Zeit.
In Deutschland betrug der Umsatz 2019 über 400 Milliarden Euro, dies ist eine Verdoppelung in zwei Jahrzehnten. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt liegt bei rund zwölf Prozent. In den meisten Industrieländern ist der Anteil an der Wirtschaftsleistung ähnlich hoch, in den USA sogar noch höher. In Entwicklungs- und Schwellenländern liegt er laut der Weltbank dagegen oft nur bei zwei bis drei Prozent. Doch selbst in wirtschaftlich schwächeren Staaten erwarten Experten einen rasant wachsenden Markt. Die Zunahme schwerer Leiden wie Krebs, aber auch alternde Gesellschaften und Fortschritte in der Medizintechnik lassen das Geschäft mit Krankheiten seit Langem schneller wachsen als die sonstige Wirtschaft. Die weltweiten öffentlichen und privaten Gesundheitsausgaben liegen bei etwa sieben Billionen Euro im Jahr. Daran gemessen sind die Ausgaben für sämtliche Impfstoffe von schätzungsweise 28 Milliarden Euro eher bescheiden. Dabei entfällt der Löwenanteil auf nur vier Pharmaunternehmen: Glaxo-Smith-Kline aus Großbritannien, Sanofi aus Frankreich sowie die US-Konzerne Merck und Pfizer.
Corona dürfte an diesem Impfstoff-Oligopol wenig ändern. Zwar tauchen an den Börsen neue Akteure wie Biontech aus Mainz auf, das eine wichtige Rolle bei der Entwicklung eines Corona-Vakzins spielt. Dessen Impfstoff dürfte am kommenden Montag EU-weit zugelassen werden. Doch wie alle Start-ups ist es bei Zulassung, Produktion und Absatz auf einen großen Partner angewiesen und arbeit deswegen mit Pfizer zusammen.
Der Ansatz von Bill Gates, Impfstoffe in ärmeren Ländern allen zugänglich zu machen, erscheint vor diesem Hintergrund respektabel. So hat die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam ermittelt, dass sich die Industrieländer, also ein Zehntel der Weltbevölkerung, bereits über die Hälfte aller potenziellen Corona-Impfdosen gesichert haben. Dass jetzt überhaupt so schnell Impfstoffe entwickelt werden können, habe viel mit öffentlichen Vorleistungen zu tun, berichtet Jörg Schaaber von der Pharma-Kampagne der Bundeskoordination Internationalismus.
2017 habe die Pharmabranche noch einen Vorschlag der EU-Kommission abgelehnt, Musterimpfstoffe gegen Coronaviren auf Kosten der EU zu entwickeln. »Das Interesse an den Impfstoffen ist bei der Industrie erst Anfang dieses Jahres erwacht, als die Epidemie angefangen hat.« Plötzlich lockte ein riesiger Markt. Etwa zehn Euro soll eine Dosis kosten. Der Impfstoff müsse für acht Milliarden Menschen ein »globales öffentliches Gut« werden, fordert die Pharma-Kampagne und sieht sich damit in Einklang mit Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel bis hin zur Weltgesundheitsorganisation. Als Reaktion darauf veröffentlichten im Oktober die Chefs aller großen Pharmaunternehmen gemeinsam mit der Gates-Stiftung eine Stellungnahme, in der sie vage Zusagen für einen erweiterten weltweiten Zugang zu Covid-19-Diagnostika, -Therapeutika und auch -Impfstoffen machten. Für Pharmaexperte Schaaber ist dieses Versprechen jedoch nur ein Versuch, »die Deutungshoheit zurückzugewinnen«.
Vorneweg im Impfstoff-Rennen ist indes auch Curevac. Haupteigner der Tübinger Firma ist SAP-Gründer Dietmar Hopp. Sein Ziel: den besten Impfstoff zu entwickeln. Anfang dieser Woche begann die zulassungsrelevante letzte Testphase seines Impfstoffkandidaten. »Wir streben danach«, heißt es bei Curevac, »richtungsweisende Arzneimittel zu entwickeln, die einen Mehrwert schaffen - für Patienten wie auch Investoren.« Zu den Investoren gehören die Gates-Stiftung und der Pharmariese Glaxo-Smith-Kline.
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