Entfristung? Ja, irgendwann

Bildungsministerium antwortet ausweichend auf Grünen-Anfrage zu Erhöhung des Anteils fester Stellen an deutschen Hochschulen

Die Aussage ließ aufhorchen und überraschte so manchen auf einer Tagung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Michael Meister (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, bekannte sich während der Veranstaltung zu zehn Jahren GEW-Kampagne »Dauerstellen für Daueraufgaben« zum Ziel, im Bereich des wissenschaftlichen Mittelbaus an deutschen Hochschulen den Anteil unbefristeter Jobs sehr schnell auf 50 Prozent zu erhöhen (siehe »nd« vom 26.11.). Derzeit hat nur einer von zehn wissenschaftlichen Mitarbeitern eine feste Stelle.

Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, nahm die Aussage von Meister zum Anlass, um nachzufragen, wie und in welchem Zeitrahmen das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das genannte Ziel erreichen will.

Staatssekretär Meister antwortete persönlich - allerdings eher unverbindlich. Die Bundesregierung setze sich »mit Nachdruck für gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft ein«, heißt es in seinem Schreiben, das »nd« vorliegt. Dafür hätten Bund und Länder sowohl die Exzellenzstrategie als auch den Zukunftsvertrag »Studium und Lehre stärken« »auf Dauer gestellt«. In letzterem sei ab 2021 »ein zentraler Schwerpunkt der Ausbau des dauerhaft beschäftigten hauptberuflichen Personals«. Allein für den Zukunftsvertrag stelle der Bund von 2021 bis 2023 jährlich 1,88 Milliarden und danach 2,05 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Bundesregierung verbinde mit den Vereinbarungen »die klare Erwartung an Länder und Hochschulen nach mehr Dauerstellen«, so Meister. Gleiches gelte für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Die genannten Vereinbarungen würden erst nach und nach ihre »Wirkung entfalten«. »Für konkrete Aussagen ist es daher noch zu früh«, schreibt Meister. Die Regierung werde die Entwicklungen aber »weiterhin aufmerksam beobachten«.

Zugleich betont der Staatssekretär, die Möglichkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen sei gerade in der Qualifizierungsphase von Wissenschaftler*innen »grundsätzlich sinnvoll und notwendig«. Als Arbeitgeber seien Hochschulen und Forschungseinrichtungen aber gefordert, »verantwortungsvoll mit den ihnen gewährten Freiräumen umzugehen«, mahnt der CDU-Politiker. Von der GEW in Auftrag gegebene Untersuchungen belegen, dass die Hochschulen den Qualifizierungsbegriff willkürlich auslegen und auch bei Promovierten auch kleinere Publikationen als Teil der Ausbildung definieren.

Kai Gehring kritisierte, nur drei Wochen nach seinen Versprechungen auf der Tagung trete Staatssekretär Meister »den Rückzug« an. Seine Aussage, es sei für konkrete Aussagen zu früh, verwundere, sagte Gehring gegenüber »nd«. Denn: »Das Befristungsunwesen sollte auch einem BMBF-Staatssekretär nicht nur bekannt sein, sondern auch anspornen, dagegen vorzugehen.« Es brauche »endlich klare Mindestvertragslaufzeiten, echte Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher Karriere sowie eine bessere Grundfinanzierung der Hochschulen«, fordert Gehring. Was Wissenschaftler nicht brauchten, seien »Vertröstungen und lange Aufzählungen längst bekannter Programme, die den Befristungswahn nicht gebremst haben.« Tatsächlich ergab eine auf der GEW-Tagung vorgestellte Studie, dass die Verbesserung der Grundfinanzierung eine entscheidende Voraussetzung für eine höhere Quote an Dauerstellen ist.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.