SPD setzt auf Krawall in der Mietenfrage

Volker Härtig soll Vorstandsposten in der Wohnraumversorgung Berlin übernehmen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist eine Personalie mit Konfliktstoff: Volker Härtig soll nach dem Willen von Finanzsenator Matthias Kollatz (beide SPD) ab 1. Januar 2021 einen der zwei Vorstandsposten der Wohnraumversorgung Berlin (WVB) übernehmen. »Er ist ein ausgewiesener Fachmann in den für diese Position wichtigen Bereichen des Wohnungsbaus und der Stadtentwicklung. Zudem ist er ein echter Praktiker, der mit den Herausforderungen des kostengünstigen Neubaus bestens vertraut ist«, lobt ihn Kollatz. Die Anstalt öffentlichen Rechts ist ein Ergebnis des Mietenvolksbegehrens von 2015, das nach Verhandlungen mit dem damaligen Senat zu einem Gesetz führte.

»Wir betrachten die Personalie als einen Schlag ins Gesicht der Arbeit der WVB und der Mietenbewegung«, sagt Horst Arenz von der Initiative Mietenvolksbegehren. »Dass gerade Volker Härtig draufgesetzt werden soll, kann nur als Provokation aufgefasst werden«, so Arenz weiter.

Härtig, der Vorsitzender des Berliner SPD-Fachausschusses Soziale Stadt sowie Bürgerdeputierter der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg ist, ist der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Er polemisierte einst gegen den Mietenvolksentscheid und startete 2018 in einem Schreiben des Fachausschusses eine Abstimmung, ob die damalige Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) zurücktreten oder entlassen werden solle. Seine krawallige Art zeigt Härtig regelmäßig in den Sitzungen des Bezirksparlaments.

»Faktisch wird damit der schleichende Tod der Wohnraumversorgung Berlin eingeleitet«, sagt Arenz. Denn eine Zusammenarbeit mit der zweiten Vorständin Ulrike Hamann, Wissenschaftlerin und der Mietenbewegung verbunden, scheint schwer vorstellbar.

»Ich sehe nicht, dass das wohnungspolitische Konzept der WVB von diesem Kandidaten mitgetragen würde«, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins auf nd-Anfrage zu Härtig. »Zu guter letzt fragt sich, inwiefern das dem Koalitionsfrieden zuträglich ist«, erklärt der Mietervertreter.

»Jemand, der den klaren Kurs von Rot-Rot-Grün für eine soziale Wohnungspolitik seit Jahren torpediert und selber für den alten Berliner Baufilz steht, ist politisch ein No-Go für den Posten«, so Grünen-Mietenpolitikerin Katrin Schmidberger zu »nd«.

Härtig sei ein »völlig rücksichtsloser Macho mit großem Ego«, ein »Flegel«, sagt Linke-Mietenpolitikerin Gaby Gottwald zu »nd«. »Er wird nicht aus fachlichen Gründen auf den Posten geschickt, sondern um alles plattzumachen«, ist sie überzeugt. Für sie ist die Personalie »eine böse Vorahnung, was die SPD unter einer Neuausrichtung der Mietenpolitik versteht«. Die designierte SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey hat sich inzwischen bereits mehrfach gegen eine Weiterführung des Mietendeckels ausgesprochen. »Wenn man mit solchen Leuten Politik macht, dann braucht man keinen Doktortitel, sondern nur Hammer und Amboss«, so Gottwald.

Volker Härtig wollte sich auf nd-Anfrage nicht äußern.

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