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Mit aller Härte
Türkisches Gericht verurteilt Can Dündar zu mehr als 27 Jahren Haft
Wie wohl nicht anders zu erwarten war, ist der türkische Journalist Can Dündar in Abwesenheit von einem türkischen Gericht verurteilt worden: 18 Jahre und neun Monate Haft wegen Spionage und weitere 8 Jahre und neun Monate wegen Terrorunterstützung. Da waren die Richter richtig großzügig bei der Strafzumessung. Wie viel Angst muss ein Staat vor einem Journalisten haben, um ihn für mehr als 27 Jahre hinter Gitter bringen zu wollen? Zu seinem Glück lebt Dündar seit 2016 im Exil in Deutschland; 2019 konnte auch seine Frau nach Deutschland fliehen, der gemeinsame Sohn lebt in London.
Dündars »Straftat« war ein Zeitungsartikel vom 29. Mai 2015. Damals berichtete die Zeitung »Cumhuriyet« über mutmaßliche Waffenlieferungen der türkischen Regierung an syrische Rebellen, Chefredakteur war Can Dündar. Wenige Monate später wurde er verhaftet wegen »Spionage und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung« - eine beliebte Anschuldigung in autoritären Staaten, um Kritiker kaltzustellen. Für die Veröffentlichung war Dündar bereits 2016 wegen Geheimnisverrats verurteilt worden. Der Oberste Gerichtshof in Ankara hatte das Urteil 2018 aber aufgehoben und verlangte, die Anklage auf den Straftatbestand der Spionage auszuweiten.
Die Causa Dündar ist wohl auch eine persönliche Abrechnung des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan mit dem Journalisten. Hatte dieser in der Vergangenheit doch über Korruption in der AKP-Partei berichtet und dabei auch Bilal Erdoğan, den Präsidentensohn, ins Spiel gebracht. Das brachte ihm wegen »Beleidigung des Staatspräsidenten« schon eine Geldstrafe ein. Ein Schusswaffenattentat überlebte er unverletzt. Heute leitet Can Dündar die Webseite ozguruz.de (»Özgürüz« heißt übersetzt »Wir sind frei«) mit Texten auf Deutsch und Türkisch und schreibt eine Kolumne in der »Zeit«.
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