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Howoge auf Kurs Sonne
Wohnungsbaugesellschaft will Solaranlagen in acht Jahren verzehnfachen
Ein Schritt zurück, aber gleich mehrere nach vorne. So läuft es bei der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge beim Thema Solarenergie. So stieß den Mietern des Häuserblocks Zechliner Straße 8-18 in Alt-Hohenschönhausen der Abbau einer Solarthermieanlage zur Wassererwärmung in diesem Jahr unangenehm auf. Immerhin war sie bei ihrem Aufbau im Jahr 1998 als Beitrag für den Weg weg von fossilen Energieträgern gefeiert worden.
»Mit der abgebauten Solarthermieanlage hatten wir schon länger technische Probleme, sie hat auch keinen ernsthaften Ertrag mehr produziert«, erklärt Matthias Schmitz-Peiffer den Abbau. Bei der Aufstellung vor über 20 Jahren sei die Photovoltaik - die Stromgewinnung aus Sonnenlicht - noch sehr teuer und nicht so entwickelt gewesen, erklärt der Geschäftsführer der Energietochter Howoge Wärme. Das habe sich mittlerweile deutlich verändert. »Solarzellen sind inzwischen wirtschaftlich. Die Solarthermie ist leider bei ihren hohen Kosten geblieben«, so Schmitz-Peiffer. Bisher habe es hier keinen Sprung nach unten durch Massenproduktion gegeben. »Die Kilowattstunde Wärme kostet mit Solarthermie günstigstenfalls 10 Cent, bei der Fernwärme sind es reichlich 5 Cent«, erklärt der Geschäftsführer. Für einen Ausbau der Solarthermie bräuchte es Änderungen am gesetzlichen Rahmen.
»Deswegen konzentrieren wir uns seit einiger Zeit auf Photovoltaik«, sagt er. Ende 2016 hat die Howoge als Pilotprojekt die erste Mieterstromanlage auf einem Neubau an der Gärtnerstraße in Alt-Hohenschönhausen installiert. »Hier konnten wir nachweisen, dass wir 80 Prozent der Mieter für das Mieterstromangebot gewinnen können«, berichtet Schmitz-Peiffer. Inzwischen sind Solarzellen mit einer Spitzenleistung in Summe von einem Megawatt installiert. »Das wollen wir in den nächsten acht Jahren verzehnfachen - von jetzt 15 auf 150 Anlagen«, kündigt er an.
Bei den Mieterstrompreisen orientiere sich die Howoge Wärme an der unteren Grenze des Wettbewerbs, aktuell ist er für 26 Cent pro Kilowattstunde bei sieben Euro monatlicher Grundgebühr zu haben. Zunächst habe die Wohnungsbaugesellschaft sich auf den Neubau konzentriert, »weil es einfacher ist, neu einziehende Bewohner für unser Mieterstromangebot zu gewinnen«, so Schmitz-Peiffer. Nun wende man sich auch dem Bestand zu. Am Warnitzer Bogen in Neu-Hohenschönhausen wird Anfang 2021 eine Photovoltaik-Anlage auf einer WBS-70-Platte in Betrieb gehen. »Die Akquisition der Stromkunden ist aber im Bestand herausfordernder, man muss die Mieter von dem Angebot überzeugen. Das ist notwendig, damit die Projekte wirtschaftlich sind«, sagt der Geschäftsführer. Teilnehmen müssten dafür mindestens 20 Prozent der Mieter. Schmitz-Peiffer glaubt, dass sich am Ende 30 bis 40 Prozent der Bewohner für Mieterstrom entscheiden werden.
»Insgesamt haben wir die Ziele der 2010 mit dem Senat geschlossenen Klimaschutzvereinbarung bereits übertroffen«, sagt der Howoge-Wärme-Geschäftsführer. Vereinbart war die Senkung der jährlichen CO2-Emission auf 1,12 Tonnen pro Wohnung, derzeit liege das Unternehmen bei rund einer Tonne. Spätestens bis 2050 soll der Wert auf 0,42 Tonnen sinken. »Ohne Förderung wird das nicht zu erreichen sein«, glaubt Schmitz-Peiffer.
»Sehr ordentlich« nennt Michael Efler die Erfolge und Ausbauziele der Howoge bei regenerativer Energie. Es sei allerdings »sehr ärgerlich«, dass der Ausbau der Solarthermie insgesamt wenig vorankomme», merkt der klimapolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus an. «Die von der Howoge genannten wirtschaftlichen Probleme bei der Technik kann ich aber schon irgendwie nachvollziehen», so Efler weiter. «Problematisch ist, dass die Klimaschutzvereinbarungen zwischen Senat und Wohnungsbaugesellschaften jetzt auslaufen und es noch keine neuen gibt», sagt der Klimapolitiker. Sorgen bereitet dem Linke-Politiker vor allem die Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte. «Die macht beim Ausbau der Photovoltaik fast gar nichts», berichtet Michael Efler.
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