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+++ Ramelow rechnet mit Corona-Einschränkungen bis März +++
Der Newsblog zur Coronakrise - Montag, 28. Dezember 2020: +++ Linke fordert Lizenzen zur schnellen Nachproduktion +++ +++ Spahn gegen Sonderrechte für Geimpfte +++ Diakonie mahnt Corona-Impfstoff für arme Länder an +++
Erfurt. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) geht nach einem Medienbericht davon aus, dass die aktuellen Corona-Einschränkungen über den 10. Januar hinaus verlängert werden müssen. »Wenn die Ministerpräsidenten am 5. Januar erneut beraten, wird nichts auf Lockerungen hindeuten«, sagte Ramelow am Montag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. »Wir gehen alle davon aus, dass der Lockdown verlängert werden muss.« Es sei »zu früh, Entwarnung zu geben«. Er richte sich darauf ein, »dass wir bis März mit Einschränkungen leben müssen«, sagte der Linke-Politiker. Die derzeitigen bundesweiten Einschränkungen mit der Schließung von Läden, Schulen und Kindergärten sind bislang auf den 10. Januar befristet. Die Ministerpräsidenten der Länder wollen am 5. Januar mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber beraten, wie es weitergeht. Ziel ist es, die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen auf unter 50 zu drücken.
+++ Linke fordert Lizenzen zur schnellen Nachproduktion +++
Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rechnet damit, dass in den ersten Monaten des neuen Jahres durch die Zulassung weiterer Präparate und erweiterte Produktionskapazitäten deutlich mehr Corona-Impfstoff zur Verfügung stehen wird. Kritik am Tempo und Vorschläge zur Beschleunigung der Impfproduktion aus reihen der Opposition wies der CDU-Politiker am Montag zurück.
Spahn verwies im ZDF-»Morgenmagazin« auf eine Produktionsanlage der Schweizer Pharmafirma Novartis in Marburg, die vom Mainzer Unternehmen Biontech übernommen wurde. »Ziel ist, noch im Februar/März dort auch Produktion möglich zu machen. Und das würde die Menge enorm erhöhen«, sagte Spahn. Nach Angaben von Biontech sind in Marburg einige Umstellungen nötig, bevor es auch dort mit der Produktion des Covid-19-Impfstoffs losgehen kann.
Der Gesundheitsminister rechnet außerdem »in den ersten Januartagen« mit der Zulassung des Impfstoffs von US-Hersteller Moderna, wie er im Interview mit der »Bayern 2-radioWelt« des Bayerischen Rundfunks deutlich machte. Zwei bis drei weitere Kandidaten seien auf dem Weg in die Zulassung, fügte er hinzu und bekräftigte erneut das Ziel, bis zum Sommer jedem Bürger ein Impfangebot machen zu können. »Weihnachten nächstes Jahr soll wieder normal werden können.«
Für die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna sind dem Gesundheitsministerium zufolge insgesamt 136,3 Millionen Dosen sicher, die nahezu alle 2021 geliefert werden könnten. Mit je zwei nötigen Dosen ließen sich so rechnerisch 68,2 Millionen Bürger impfen - bei 83 Millionen Einwohnern in Deutschland.
Der Linken-Gesundheitspolitiker Achim Kessler hatte im »Spiegel« sogar gefordert, Impfstoff-Hersteller zu zwingen, anderen Unternehmen eine Lizenz zum Nachproduzieren zu gewähren. Möglich mache das das erste Bevölkerungsschutzgesetz. »Wenn die Bundesregierung jetzt nicht alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpft, gefährdet sie zahllose Menschenleben«, sagte er. »Eine Produktion für einen Impfstoff ist hoch anspruchsvoll und hochkomplex, die kann man nicht mal eben per Lizenz bei einem anderen Unternehmen machen«, sagte Spahn. Gerade auch für das Vertrauen in den Impfstoff ist es wichtig, dass alle Qualitätsanforderungen eingehalten würden.
+++ Bayerischer Corona-Schnelltest erhält Sonderzulassung +++
München. Ein von einem bayerischen Startup entwickelter neuer Corona-Schnelltest hat eine Sonderzulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erhalten. Das erklärte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am Montag in München. Das Schnellverfahren des Unternehmens GNA Biosolutions aus dem Münchner Vorort Martinsried soll Ergebnisse in weniger einer Stunde liefern, aber vergleichbar zuverlässig sein wie herkömmliche PCR-Tests. Das Testgerät ist transportabel und kann acht Proben gleichzeitig analysieren. Probeweise eingesetzt wurde das Verfahren in den vergangenen Monaten am Münchner Flughafen.
+++ Zugauslastung während der Feiertage nur bei 25 Prozent +++
Berlin. Über die Feiertage sind in diesem Jahr aufgrund der Corona-Krise nur halb so viele Menschen mit der Bahn gereist wie im Jahr zuvor. »Zwischen dem 23.12. und dem 27.12. haben wir rund 700.000 Reisende verzeichnet«, teilte die Deutsche Bahn am Montag mit. Die Auslastung in den Fernverkehrszügen lag im Durchschnitt in dieser Zeit bei lediglich rund 25 Prozent. In den Tagen vor Weihnachten hatte der bundeseigene Konzern noch mit einer Auslastung über die Feiertage von durchschnittlich 35 bis 40 Prozent gerechnet.
Der Konzern hatte das Angebot über Weihnachten trotz der erwartet geringen Nachfrage aufgrund der Einschränkungen in der Corona-Krise deutlich ausgeweitet: Rund 100 zusätzliche Fernzüge waren bis zum Sonntag im Einsatz. Zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember hatte die Bahn bereits 15 neue ICE-4-Züge dauerhaft in Betrieb genommen, die das bestehende Sitzplatzangebot noch einmal um 13.000 Plätze erhöhten. Auf diese Weise sollte die Auslastung während der Feiertage möglichst gering gehalten werden, um das Ansteckungsrisiko zu verringern. Zu diesem Zweck verteilten Mitarbeiter an mehr als einem Dutzend Bahnhöfen in Deutschland über Weihnachten rund 100.000 sogenannte FFP-2-Masken vor allem an ältere und vorerkrankte Reisende.
+++ Lauterbach: Tote ohne Schutzmaßnahmen um Vielfaches höher +++
Berlin. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach geht davon aus, dass die Zahl der Corona-Toten in Deutschland heute ohne die seit März ergriffenen Maßnahmen um ein Vielfaches höher wäre. Die Zahl lasse sich zwar schwer ermitteln, weil die Menschen sich aus Angst vor dem Virus stark zurückgezogen hätten, sagte Lauterbach der Deutschen Presse-Agentur. »Sicherlich wären aber bisher 250.000 Menschen in Deutschland gestorben und wir hätten noch immer keine vollständige Herdenimmunität«, fügte er hinzu.
Die Zahl der mit oder an dem Coronavirus gestorbenen Menschen in Deutschland hatte zu Wochenbeginn die Grenze von 30.000 überschritten. Die Gesundheitsämter meldeten binnen 24 Stunden 348 weitere Todesfälle - damit stieg die Zahl auf 30.126, wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Montagmorgen bekannt gab. Darüber hinaus wurden 10.976 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Die Zahl der Neuinfizierten und der Opfer sind aber nur bedingt mit den Werten der Vorwoche vergleichbar, da das RKI während der Feiertage und zum Jahreswechsel hin mit einer geringeren Zahl an Tests und auch weniger Meldungen von den Gesundheitsämtern rechnete.
+++ Schwesig: Beschränkungen müssen verlängert werden +++
Berlin. Die mecklenburg-vorpommerische Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hält es für notwendig, die bundesweiten Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie über den bislang verabredeten 10. Januar hinaus zu verlängern. Im »Bild«-Talk »Die richtigen Fragen« sagte Schwesig am Sonntagabend: »Ich gehe davon aus, dass wir die Maßnahmen verlängern müssen. Denn wir sind noch nicht durch, und wir müssen deutlich unter eine Inzidenz von 50 kommen, damit wir wieder in besserem Fahrwasser sind - und das wird noch eine lange Strecke.«
Die Sieben-Tage-Inzidenz, die die Zahl der Neuinfektionen bezogen auf 100.000 Einwohner angibt, liegt bundesweit aktuell bei 157,8. Ab einer Inzidenz über 50 können Gesundheitsämter Infektionsketten nicht mehr sicher nachverfolgen. Schwesig sagte, der Impfstoff gebe zwar Hoffnung und Zuversicht, dürfe aber nicht leichtsinnig machen. Sie warnte davor, sich angesichts der aktuell niedrigeren Corona-Infektionszahlen zum Jahresende in falscher Sicherheit zu wiegen. »Die niedrigen Zahlen jetzt über die Feiertage müssen wir wirklich vorsichtig sehen.« Schließlich sei über die Festtage weniger getestet worden. Deswegen komme es entscheidend auf die Infektionszahlen an, die nach den Feiertagen erhoben werden.
+++ Mehr als 30.000 Menschen an Covid-19 gestorben +++
Berlin. Seit Pandemiebeginn sind in Deutschland mehr als 30.000 Menschen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Montagmorgen in Berlin mitteilte, erhöhte sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen 24 Stunden um 348 auf 30.126. Zudem wurden 10.976 Neuinfektionen gemeldet. Die Zahlen lassen sich allerdings nicht mit Werten von Vortagen vergleichen, weil an und nach Feiertagen und Wochenenden weniger Meldungen der Gesundheitsämter beim RKI eingehen und zudem an arbeitsfreien Tagen weniger Menschen auf das Virus getestet werden.
+++ Spahn gegen Sonderrechte für Geimpfte +++
Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lehnt Sonderrechte für Geimpfte in der Corona-Pandemie ab. »Viele warten solidarisch, damit einige als erste geimpft werden können. Und die Noch-Nicht-Geimpften erwarten umgekehrt, dass sich die Geimpften solidarisch gedulden«, sagte Spahn den Zeitungen der Funke Mediengruppe: »Keiner sollte Sonderrechte einfordern, bis alle die Chance zur Impfung hatten.« Es sei diese gegenseitige Rücksicht, die das Land zusammenhalte, fügte der Gesundheitsminister hinzu: »Gegen die Pandemie kämpfen wir gemeinsam - und wir werden sie nur gemeinsam überwinden.«
+++ Diakonie mahnt Corona-Impfstoff für arme Länder an +++
Augsburg. Die Diakonie hat vor den Folgen einer mangelhaften Versorgung der armen Länder mit Corona-Impfstoffen gewarnt. »Wenn wir nicht Perspektiven für die Ärmsten der Armen finden, dann werden wir noch völlig andere Formen von Migration und ganz andere Formen von Auseinandersetzung auf dieser Welt erleben«, sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie der »Augsburger Allgemeinen« und ergänzte: »Darum gehört es auch zu unserer Verantwortung, einen sicheren Impfschutz für alle Menschen auf dieser Welt zu gewährleisten.«
+++ Montgomery: Impfstoff reicht 2021 für Herdenimmunität +++
Köln. Welt-Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery erwartet für den Jahresverlauf 2021 ausreichend Impfstoff, um eine Herdenimmunität gegen Covid-19 in Deutschland zu erreichen. Nach dem Impfstart am Wochenende sagte Montgomery am Montag im Deutschlandfunk, er halte es für eine »aufgeregte Debatte« jetzt Forderungen an die Politik zu richten, die Impfstoffproduktion durch staatliches Eingreifen kurzfristig massiv zu erhöhen. Entscheidender sei die Impfbereitschaft der Menschen. Vorbehalte müssten überwunden werden. »Über die langfristigen Wirkungen kann keiner von uns reden, das ist alles Spekulation«, räumte Montgomery ein. Über kurzfristige Nebenwirkungen sei nach den Impfungen im Ausland bekannt, dass mindestens in den ersten Wochen kein besonderes Risiko bestehe. »Zu erwarten, dass es überhaupt keinen Nebenwirkungen gäbe, das wäre illusorisch«, sagte der Welt-Ärztepräsident. Aber mal eine Schwellung im Arm oder ein Tag Kopfschmerzen seien hinnehmbar im Vergleich zur Gefahr einer Covid-19-Erkrankung. Agenturen/nd
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