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Zu kurz gedacht bei der Straßenbahn
Fahrgastverband nennt Bestellung neuer 50-Meter-Züge durch die BVG »vollkommenes Desaster«
Die Berliner Verkehrsbetriebe sind stolz auf ihre kürzlich beim Hersteller Bombardier ausgelöste Bestellung von bis zu 117 neuen Straßenbahnwagen. Vor allem auf die 50 Meter langen Fahrzeuge, die zehn Meter länger sind als das aktuell größte Modell. 17 Stück sind davon zunächst bestellt worden, sie sollen auf der Linie M4 fahren, die den Nordosten mit dem Alexanderplatz verbindet. Sie ist die Linie mit dem höchsten Fahrgastzuspruch in Berlin. Aktuell fahren dort 54 Meter lange Zwei-Wagen-Züge des in den 1990er-Jahren beschafften Typs GT6. Weil die neuen Bahnen, die ab Ende 2022 ausgeliefert werden sollen, breiter sind, soll sich an der Fahrgastkapazität nichts ändern.
Außerdem gehören zum ersten Abruf des neuen Vertrags drei 30 Meter lange Fahrzeuge. In der Ausschreibung verlangte die BVG von den Herstellern noch die Option, dass sie zu 60 Meter langen Zwei-Wagen-Zügen gekuppelt werden können. Damit hätten sie die standardmäßige Bahnsteiglänge der Haltestellen optimal ausgenutzt. »Diese Option hat die BVG dann aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht gezogen«, erklärt Unternehmenssprecherin Petra Nelken auf nd-Anfrage.
»Diese Fahrzeugbeschaffung ist ein vollkommenes Desaster«, kommentiert das Jens Wieseke, Sprecher des Berliner Fahrgastverbands IGEB, gegenüber »nd«. »Warum beschafft man Fahrzeuge von 50 Meter Länge, wenn man mit viel Mühe und Aufwand eine Infrastruktur von 60 Meter Haltestellelänge geschaffen hat?«, will er wissen. Auf diese Weise werde die Verkehrswende vollkommen ausgebremst, sagt der Fahrgastvertreter.
»Soll der Rest des Netzes jenseits der M4, der selbst jetzt während der Pandemie aus allen Nähten platzt, auf Jahrzehnte so bleiben?«, wundert sich Wieseke. Immerhin wird bereits die Verlängerung der M4 vom Alexanderplatz über die Leipziger Straße bis zum Potsdamer Platz und perspektivisch weiter bis nach Steglitz geplant. Damit könnten die Fahrgastzahlen auch auf den bestehenden Abschnitten noch einmal deutlich steigen. Und sich die 50-Meter-Wagen als zu kurz erweisen. »Es wäre von Vorteil, wenn sich die zuständigen Politikerinnen endlich mit den tatsächlichen Verkehrsproblemen beschäftigen und nicht mit Fantastereien wie dem U-Bahn-Bau«, sagt Jens Wieseke. Er fordert vom Senat eine Korrektur der »Fehlentscheidung bei der Fahrzeugbeschaffung«.
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