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Verzagtheit beim EEG 2020

Jochen Luhmann über Neuerungen und Lücken bei der Förderung erneuerbarer Energien

  • Jochen Luhmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Das EEG, also das Gesetz für den Ausbau von Stromerzeugungsanlagen aus erneuerbaren Quellen, ist eine bahnbrechende deutsche Erfindung. Vor mittlerweile 30 Jahren als »Stromeinspeisungsgesetz« zur Welt gekommen, war es wie andere Erfindungen auch in der ersten Version nicht bereits perfekt. Beim EEG gibt es alle paar Jahre ein Update; die jüngste Version wurde kurz vor Weihnachten vom Parlament beschlossen.

Das EEG hat dazu geführt, dass Strom aus Sonne mittels Halbleitereffekten (Photovoltaik) und Wind aus sich drehenden Rotoren heute günstiger zu produzieren ist als Strom aus Anlagen, deren Technologie zu Beginn der industriellen Revolution erfunden wurde: Den Dampfmaschinen, in denen Erdgas, Öl oder Kohle verbrannt wird, läutet damit das Todesglöcklein der wirtschaftlichen Obsoleszenz. Das EEG hat die Verhältnisse am Strommarkt revolutioniert. Mittel war eine subventionierte Nachfrage in Deutschland, welche zwei neue Erzeugungstechnologien in die Massenproduktion gebracht hat. Die sogenannten Skaleneffekte haben lehrbuchhaft funktioniert; der hierzulande finanzierte technologische Durchbruch ist sogar ein Erfolg auf dem Weltmarkt. Deutschland hat ein globales öffentliches Gut geschaffen, zum Nutzen aller. Das EEG 1990 müsste als Kulturerbe anerkannt werden.

Doch dieser strahlende Erfolg hat auch seine Kehrseiten. Die Kosten, also die Subventionen für die Anlagen, haben fast allein die privaten Haushalte über ihre Stromrechnung zu tragen. Das wird umso belastender, je mehr Unternehmen in Deutschland sich mit dem Ansteigen der finanziellen Last ihrer Zahlungen entledigt haben - das mag aus Wettbewerbsgründen zu Recht geschehen sein oder war das Recht manipulierende, pure Schlitzohrigkeit.

Außerdem: Eine nationale technologische Vorreiterrolle vermag zwar industrielle Arbeitsplätze zu schaffen, die bei Windkraftanlagen in (West-)Deutschland eingefahren wurden. Als aber für die Photovoltaik-Technologie nach der Wende dasselbe in Ostdeutschland wiederholt werden sollte, ging dies schief - die Solarzellenindustrie wurde von China niederkonkurriert. Das geschah vermutlich mit Dumpingmethoden. Die EU aber gab keinen Flankenschutz gegen das unfaire Vorgehen des mächtigen China, da man Gegenmaßnahmen gegen »wichtigere« Wirtschaftszweige fürchtete.

Diese beiden Kehrseiten des Erfolgs haben die Stimmung belastet. Weitere Technologien der Gewinnung von Strom aus erneuerbaren Quellen werden nicht mittels Förderung in die Blüte gebracht, so dass ihr wahres Potenzial unausgeschöpft bleibt. Dazu müsste Verzagtheit überwunden werden, es müsste einen erneuten beherzten Anlauf à la EEG 1990 geben - diesmal von den breiten Schultern der Europäer oder gar der G7 getragen.

Unter den technischen Optionen ganz vorne in den Startlöchern sitzt die Agri-Photovoltaik - mit hohem Anwendungspotenzial gerade im Osten Deutschlands. Sie ermöglicht Landbewirtschaftung und Solarenergieernte in Kuppelproduktion mit digitalisierter Technologie. Aber selbst dafür wurde in der aktuellen EEG-Novelle kein Förderungsfenster geöffnet. Es herrscht eben Verzagtheit auf ganzer Linie.

Eine weitere Altlast bleibt in der jüngsten Version des EEG unbereinigt: Die bisherige Förderung über die Strompreise ist in den Haushalt des Bundes zu überführen. Auch diese notwenige Änderung wurde auf die nächste Legislatur verschoben.

Doch es findet sich auch Innovatives in der 2020er Version. Zum einen gibt es ein neues Fernziel. Stand bisher im EEG, der in Deutschland im Jahre 2050 verbrauchte Strom solle »zu 80 Prozent aus erneuerbaren Quellen« sein, heißt es nun, er solle »zu 100 Prozent treibhausgasneutral« sein.

Zum anderen gibt es im Gesetz seit langem einen Soll-Pfad des »Aufwuchses« auf dieses Ziel hin. In der Vergangenheit wurde der häufig verfehlt. Bis der Gesetzgeber reagierte, vergingen Jahre. Nun wurde endlich reagiert. Man hat eine Art Nachjustierung eingebaut. In die sind die Länder eingebunden, in deren Kompetenz häufig die Hindernisse liegen, die für die Zielabweichung verantwortlich sind. Nun sind sie in der Pflicht - so wird der Föderalismus pragmatisch weiterentwickelt. Von der Coronapolitik wurde also auch hier gelernt.

Jochen Luhmann ist Senior Expert am Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie.

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