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Tankerprojekt auf Grund gelaufen
Verteidigungsministerium will den Bau neuer Marineschiffe neu ausschreiben
Es scheint inzwischen fast normal zu sein, dass sich - kaum, dass die Bundeswehr ein Beschaffungsvorhaben startet - Chaos einstellt. Vor einiger Zeit zog man die Bestellung für das neue Standard-Sturmgewehr zurück. Auch die Ausschreibung zum Kauf eines neuen schweren Transporthubschraubers musste kassiert werden. Ob das Luftverteidigungssystem TLVS, das im kommenden Jahrzehnt das »Patriot«-System ablösen soll, je gebaut wird, ist nach den jüngsten Geldforderungen aus der Industrie unwahrscheinlicher denn je.
Nun will die Deutsche Marine ihre beiden in die Jahre gekommenen Flottentanker »Spessart« und »Rhön« ersetzen. Die Einhüllenschiffe sind reparaturanfällig und ein Risiko für die Umwelt. Sie dürfen daher bestimmte Gewässer nicht mehr befahren, was die globalen Ambitionen des Nato-Mitglieds Deutschland so gar nicht befördert. Vor allem um den Bau zu beschleunigen, verzichtete das Ministerium von Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) auf eine EU-weite Ausschreibung und holte stattdessen Angebote von zwei spezialisierten deutschen Werften ein. Die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) gehört nicht zu den Erwählten.
Die Werft in Schleswig-Holstein ist fast 190 Jahre alt. Sie hat die Weltwirtschaftskrise 1929 und die schwere Nachkriegszeit überlebt. Bis zum Anfang des Jahrtausends wurden von der FSG rund 700 Schiffe gebaut. In den vergangenen Jahrzehnten hatte man mit dem Bau von Ro-Ro-Lkw-Fähren eine Nische im hart umkämpften maritimen Markt gefunden, doch mit der Übernahme des Unternehmens durch das Private Equity-Unternehmen Orlando im Jahr 2008 und weiteren spekulativen Eigentümerwechseln ging es bergab. Nach der unvermeidbaren Insolvenz wurde das Unternehmen im September von dem in Fachkreisen nicht allzu gut beleumundeten Investor Lars Windhorst übernommen, der die Werft schon einmal als Spekulationsobjekt benutzt hatte. Windhorst hat der halbierten und in Kurzarbeit geschickten 360-köpfigen Belegschaft versprochen, den Auftrag für zwei Fähren an Land zu ziehen. Ob das klappt, ist nicht zuletzt ob der Auswirkungen der globalen Corona-Pandemie offen.
So wäre der Bau von zwei Tankern, bezahlt mit Steuermitteln, schon ein lukrativer Ausweg. Was aber tun, wenn man nicht einmal gebeten wird, dafür ein Angebot abzugeben? Man klagt. Und tatsächlich hat die FSG jüngst vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf einen Teilerfolg erreicht. Bis zu einer endgültigen Entscheidung untersagten die Richter dem Ministerium, den Tanker-Auftrag an eine andere Werft zu vergeben. Was beim Auftraggeber in Berlin auf Unverständnis stieß. Schließlich war der Marineschiffbau bereits unter der einstigen Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) zu einer Schlüsseltechnologie erhoben worden. Das ermöglicht ein verkürztes, national beschränktes Vergabeverfahren. Wenn es sich um Kriegsschiffe handelt. Doch das, so meinen die Kläger der FSG, sind die Betriebsstofftanker nicht, denn sie würden mit zivilen Besatzungen gefahren und auch vom Militär selbst als Hilfsschiffe eingeordnet.
Nun kann man darüber streiten, ob Schiffe, die anderen Schiffen erst einen militärischen Einsatz ermöglichen, gleichfalls Kriegsschiffe sind oder nicht. Doch dieser Streit ist seit wenigen Tagen ebenso überflüssig wie die aufschiebende Wirkung des Düsseldorfer Richterspruchs hinfällig, denn: Das Verteidigungsministerium ist mit dem Vergabeverfahren für die beiden neuen Trossschiffe auf Grund gelaufen und will es - abgespeckt - neu starten. Ursache sind die Preisvorstellungen der angefragten Werften. Das Ministerium rechnete mit 500 Millionen Euro. Die Werften kalkulieren mit rund 850 Millionen.
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