Vorschlag zur Kenntnis genommen

Bildungsverwaltung reagiert distanziert auf Eltern-Forderungen zur weiteren Unterrichtsgestaltung

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Für viele Berliner Schüler hat der erste Schultag nach den Weihnachtsferien so angefangen wie im Vorfeld befürchtet. Die von der Senatsbildungsverwaltung hochgelobte digitale Lernplattform »Lernraum Berlin« war nur bedingt bis gar nicht erreichbar. Mal wieder, muss man dazusagen. Schließlich zeichnete sich das System bereits in den Tagen vor den Ferien durch Nichterreichbarkeit aus. Insgesamt sind das schlechte Voraussetzungen für das »schulisch angeleitete Lernen von zu Hause«, wie die Neuauflage der Daheimbeschulung inzwischen heißt.

Am Ende dieser Woche sollte der aktuelle Schul-Lockdown eigentlich schon wieder beendet werden. Schon seit einigen Tagen gilt es indes als ausgemacht, dass in der Hauptstadt noch mindestens eine Woche Distanzunterricht draufgepackt wird. Mehrfach hatte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) zuletzt betont, dass sie davon ausgehe, »dass wir in Berlin die Phase des schulisch angeleiteten Lernens zu Hause noch bis zum 17. Januar verlängern müssen«. Zudem deutete sie an, dass sie am liebsten nahezu alle Klassenstufen ab übernächster Woche zurück in die Schulen schicken möchte: »Ich wünsche mir, dass die Schülerinnen und Schüler, insbesondere in der Primarstufe und in den abschlussrelevanten Jahrgängen, wieder möglichst schnell in den Präsenzunterricht wechseln können.« Die Daheimbeschulung bliebe damit an Sekundar- und Gemeinschaftsschulen den Klassenstufen 8 und 11, an Gymnasien den Stufen 8 und 9 vorbehalten. »Die Position hat sich nicht grundlegend geändert«, heißt es am Montag auf nd-Nachfrage aus der Bildungsverwaltung.

Für Regina Kittler, die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, ist vor allem »diese absolute Abschluss- und Prüfungsorientiertheit überhaupt nicht vertretbar«. Der Gesundheitsschutz spiele bei Scheeres’ Überlegungen offenbar kaum eine Rolle. Nicht zuletzt aufgrund des Infektionsgeschehens plädiert Kittler daher dafür, eine Verlängerung des Distanzunterrichts bis zum Beginn der Winterferien am 1. Februar wenigstens zu prüfen. »Wir müssen wieder unter 50 kommen«, sagt die Bildungspolitikerin mit Blick auf die Sieben-Tage-Inzidenz.

Nicht ganz so radikal will der Vorsitzende des Landeselternausschusses (LEA) die Sache angehen. Norman Heise und mit ihm der LEA favorisiert vielmehr »einen Mittelweg zwischen 100 Prozent Präsenz- und 100 Prozent Distanzunterricht«. Alle Schulen sollten daher ab kommender Woche auf die Stufe Rot nach dem Stufenplan der Bildungsverwaltung gesetzt werden. Für die weiterführenden Schulen würde das bei verkleinerten Lerngruppen den wochen- oder tageweisen Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht bedeuten. Für Grundschüler gäbe es dann täglich drei Stunden Unterricht und zweieinhalb Stunden Betreuung, wobei eine Gruppe vormittags und die andere nachmittags unterrichtet wird. »Das ist das, was es jetzt bis zu den Winterferien braucht«, sagt Heise.

Zustimmung zu den LEA-Vorschlägen kommt von der Bildungsgewerkschaft GEW. »Distanzunterricht ist keine Lösung auf Dauer«, so Berlins GEW-Chef Tom Erdmann. Das sehe man nicht nur an den Problemen beim »Lernraum Berlin«. Zugleich fordert der Gewerkschafter aber eine Konzentration auf die Grundschulen: »Wenn wir von Teilöffnungen reden, muss der Fokus auf den Kleinen liegen, nicht auf den Abschlussrelevanten.«

Im Haus von Bildungssenatorin Sandra Scheeres kann man den Forderungen der Elternvertreter offenbar nur wenig abgewinnen. »Die Senatsbildungsverwaltung hat den Vorschlag zur Kenntnis genommen«, teilt ein Sprecher trocken mit.

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