- Politik
- Golf-Region
Abkommen unterzeichnet
Der Golf-Kooperationsrat feiert Versöhnung und Iran wird der alte-neue Gegner
Sie schüttelten sich wegen Covid zwar nicht die Hände, ließen sich eine medienwirksame Umarmung aber nicht nehmen: Der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al-Thani, und der Kronprinz von Saudi-Arabien, Mohammed bin Salman, zeigten sich den Fernsehkameras wie alte Freunde, als sei nichts gewesen. Dreieinhalb Jahre, genau seit dem 5. Juni 2017, war das kleine Emirat Katar von der Außenwelt durch ein Embargo abgeschnitten. Am Montag wurde bekannt, dass die beiden Staaten ihren Streit beigelegt hätten und dass Saudi-Arabien seine Grenzen zu Katar wieder öffnen werde. Vermittelt hatte unter anderem Kuwait.
Das gestrige Gipfeltreffen des Golf-Kooperationsrats wurde so zu einem Versöhnungstreffen. Die Staats- und Regierungschefs der Golfstaaten hätten ein Abkommen über »Solidarität und Stabilität« unterzeichnet, so sagt es der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman im katarischen Nachrichtensender Al-Dschasira, um ihren dreijährigen diplomatischen Streit mit Katar zu beenden.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
»Diese Bemühungen haben uns geholfen, die Vereinbarung der Al-Ula-Erklärung zu erreichen, die auf diesem Gipfel unterzeichnet wird, in der wir unsere Golf-, arabische und islamische Solidarität und Stabilität bekräftigen«, sagte der Kronprinz bei dem Treffen und dankte den Vereinigten Staaten und Kuwait für ihre Vermittlung. Mohammed bin Salman stellte aber auch gleich klar, was die nächsten Herausforderungen, besser gesagt, wer der nächste gemeinsame Gegner sein werde: der Iran, sein Atom- und Raketenprogramm sowie »dessen Sabotage- und Zerstörungspläne«.
Der Ursprung des Streits mit dem Emirat Katar geht auf das Jahr 2017 zurück. Saudi-Arabien, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate hatten am 5. Juni die Grenzen zu dem auf einer Halbinsel liegenden Land geschlossen und eine vollständige Blockade verhängt. Sämtliche diplomatischen sowie Handelsbeziehungen und Transportwege wurden gekappt, Landsleute und Investitionen abgezogen. Ägypten schloss sich der Blockade an. Beobachter sahen darin auch einen Versuch Saudi-Arabiens, seine Dominanz in der Region auszubauen. Das arabische Quartett hatte eine Liste von Bedingungen an Katar gerichtet, darunter die Schließung des Senders Al-Dschasira und die Herabstufung der Beziehungen zur Türkei.
Die kritische Berichterstattung von Al-Dschasira ist den konservativen Golf-Monarchien schon lange ein Dorn im Auge, berichtet der Sender doch regelmäßig über Repression und Korruption und lässt auch radikalislamische Stimmen zu Wort kommen. Insbesondere Ägypten unter Präsident Al-Sisi war unversöhnlich, weil die Muslimbrüder bei Al-Dschasira auch eine Stimme fanden. Doch all diese Zwangsmaßnahmen hatten nur eine höhere Selbstständigkeit des Emirats zur Folge und sorgten für eine größere Nähe zum Iran und zur Türkei.
Katar hatte Berichten zufolge mehr als 100 Millionen Dollar pro Jahr an den Iran für Überflugsrechte gezahlt, da Qatar-Airways-Maschinen etwa auf dem Weg nach Europa nicht nach Norden oder Westen fliegen konnten. Wegen Engpässen bei Importwaren hatte das schwerreiche Emirat auch Lebensmittel aus dem Iran und der Türkei importieren müssen. Wird sich das kleine Land jetzt ganz von Iran abwenden und auf Konfrontation umschalten? Nach Angaben der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur hat Katar wiederholt betont, dass das Land trotz politischer Differenzen seine Beziehungen zu Teheran fortsetzen werde. Auch mit der Türkei würde die strategische Beziehung aufrechterhalten, einschließlich der 2016 in Katar eröffneten türkischen Militärbasis. Schließlich unterstützten beide Staaten in Libyen ja die gleich Seite, die international anerkannte Regierung.
Die Annäherung im Streit vollzieht sich offenbar erst zwischen Katar und Saudi-Arabien, andere arabische Staaten würden dem Beispiel aber wohl folgen, sagte laut dpa Hochschuldozent Bader Al-Saif von der Universität Kuwait. Allerdings könnten die Vereinigten Arabischen Emirate Beobachtern zufolge die Aussöhnung zwischen Katar und den anderen arabischen Staaten behindern, nicht zuletzt, weil beide in Libyen unterschiedliche Seiten unterstützen. Letztlich kehrt der Golf-Kooperationsrat (GCC) so zu seiner ursprünglichen Mission zurück: gegründet am 25. Mai 1981 als direkte Reaktion auf die Islamische Revolution von 1979 und arabische Speerspitze gegen den Iran.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.