Einer muss draußen bleiben

Soziale Netzwerke blockieren die Accounts des US-Präsidenten

  • Lesedauer: 3 Min.

Die schlimmste Strafe für den Sturm seiner Anhänger aufs US-Kapitol - so wurde gescherzt - sei bereits über Donald Trump verhängt worden: Facebook verbannte den scheidenden US-Präsidenten bis auf Weiteres von seiner Plattform. Mindestens in den verbleibenden zwei Wochen bis zum Amtsantritt von Nachfolger Joe Biden bleiben seine Accounts bei dem Online-Netzwerk sowie bei Facebooks Fotoplattform Instagram gesperrt. Auch Youtube kündigte an, schärfer gegen Videos mit Falschinformationen über die US-Wahl vorzugehen. Trump habe gezeigt, dass er die Machtübergabe an Biden sabotieren wolle, schrieb der Facebook-Gründer und Unternehmenschef Mark Zuckerberg zur Begründung.

Trump verliert damit wichtige Kanäle. Allerdings nicht den wichtigsten: Bei Facebook spiegelte er meist nur die Beiträge von seinem Twitter-Account @realDonald-Trump, der 88,7 Millionen Follower hat. Zwar sperrte auch Twitter den US-Präsidenten, allerdings könnte er dort schnell wieder Zugang zu seinem Account bekommen. Dafür muss Trump zunächst zwei Tweets löschen. Dann beginnt ein Countdown von zwölf Stunden für eine Strafsperre. Handelt er nicht, bleibt er draußen. In einem Beitrag log Trump etwa über »einen heiligen Erdrutschsieg«.

Als die Dienste die beiden Beiträge blockierten, wurden umgehend Rufe laut, Trump dauerhaft die Bühne zu nehmen - und das nicht zum ersten Mal. Facebook-Chef Mark Zuckerberg erhörte sie: »Die schockierenden Ereignisse der vergangenen zwölf Stunden zeigen klar, dass Präsident Donald Trump seine verbleibende Amtszeit dafür nutzen will, die Machtübergabe an seinen gewählten Nachfolger Joe Biden zu untergraben.« Das ändere die Situation für sein Unternehmen, da die Plattform für die Anstiftung zur gewaltsamen Aufruhr gegen eine demokratisch gewählte Regierung missbraucht werde.

Das klang nach einer Rechtfertigung des bisherigen Vorgehens der Plattformen, denen in den vergangenen Jahren wiederholt vorgeworfen wurde, bei Trumps Lügen häufig ein Auge zuzudrücken. Erst in der Coronakrise und im Präsidentschaftswahlkampf verschärften sie ihre Politik und versahen Beiträge, die falsche Informationen enthielten, mit Warnhinweisen. Insbesondere nachdem Trump immer wieder behauptete, der Wahlsieg sei ihm durch Betrug gestohlen worden, gab es kaum noch einen Tweet ohne Warnung. Nicht zuletzt deshalb fühlen sich US-Konservative von Facebook benachteiligt.

Eine Studie der liberalen Organisation Media Matters for America von Ende 2020 zeigt dagegen die Dominanz rechter Posts in dem sozialen Netzwerk. Von Januar bis September vergangenen Jahres stellten diese 26 Prozent aller Inhalte, bekamen aber 43 Prozent aller Interaktionen, also Likes, Kommentare oder Shares. Unpolitische Inhalte waren weniger erfolgreich.

Das Handeln von Facebook und Twitter stößt weitgehend auf Zustimmung. So sagte der Konfliktforscher Andreas Zick im Gespräch mit epd, die Sperrungen der Lügenpropaganda des Präsidenten könnten Zeit und Raum schaffen für ordnende Kräfte. Die »Washington Post« schrieb: »Diese Schritte waren nötig, selbst wenn sie nicht auf transparenten Regeln, sondern einer panischen Reaktion auf eine Krise basierten.« dpa/nd

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