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Freundlichere Jobcenter

SPD-Sozialminister will aus Hartz IV »Soziales Bürgergeld« machen

Angekündigt hatte es die SPD es schon vor mehr als zwei Jahren: Sie will Hartz IV »hinter sich lassen«, wie es die ehemalige Parteichefin Andrea Nahles Ende 2018 formulierte. Einen Gesetzentwurf für die Reform der Grundsicherungsleistung hat SPD-Sozialminister Hubertus Heil jedoch erst jetzt vorgelegt. Im Kern geht es in seinem am Wochenende vorgestellten Gesetzentwurf weder um eine Abschaffung der Kürzungen der Gelder, die eigentlich bereits das Existenzminimum darstellen, noch um eine deutliche Anhebung der Regelsätze. Beziehern der Leistungen soll aber mehr Wertschätzung entgegengebracht werden. Sie sollen bessere Qualifizierungsangebote bekommen - und erst nach zwei Jahren auf ihre Ersparnisse zurückgreifen müssen. Während dieser zweijährigen »Karenzzeit« sollen Vermögen bis zu 60 000 Euro geschützt und Mietkosten nicht auf ihre Angemessenheit geprüft werden.

Doch gegen all das hat die CDU bereits Widerspruch erhoben. Damit wird es wohl vor der Bundestagswahl Ende September nicht mehr zu einer grundlegenden Neuausrichtung von Hartz IV kommen, das damit einmal mehr Wahlkampfthema wird.

Heils Entwurf zufolge sollen die Sanktionen bei Pflichtverletzungen immerhin nicht mehr zu »außergewöhnlichen Härten« führen dürfen. Und der bereits in Reaktion auf die Corona-Pandemie eingeführte vereinfachte Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende soll »verstetigt« werden. Und sie soll einen schöneren Namen bekommen. Gegenüber dem »Spiegel« sagte Heil, Hartz IV solle »soziales Bürgergeld werden, für das sich niemand schämen muss, der es braucht«.

Der CDU-Sozialexperte Peter Weiß sagte hingegen am Sonntag, die Union werde lediglich eine klar befristete Verlängerung der Corona-bedingten Sonderregelungen akzeptieren. Eine »schleichende Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens« werde es mit der Union nicht geben.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 5. November 2019 die Sanktionspraxis der Jobcenter deutlich eingeschränkt. Damals entschieden die Karlsruher Richter, dass monatelange Minderungen der Leistungen um 60 Prozent oder mehr mit dem Grundgesetz unvereinbar sind. Die Jobcenter dürfen die monatlichen Leistungen aber weiter um bis zu 30 Prozent kürzen, wenn Hartz-IV-Empfänger Pflichten nicht nachkommen. Nun will Heil dauerhaft vorschreiben, dass Sanktionen 30 Prozent des Regelbedarfs nicht überschreiten dürfen. Sanktionen gegen Personen unter 25 Jahren sollen nach Heils Plänen dauerhaft entfallen.

Die Sozialdemokraten hatten allerdings auf ihrem Parteitag im Dezember 2019 sehr viel weiter gehende Hartz-IV-Reformen beschlossen. Gleichwohl äußerten sich Gewerkschaftsvertreter begeistert über Heils Entwurf. DGB-Chef Reiner Hoffmann etwa nannte ihn einen »sozialpolitischen Meilenstein«. Dagegen schrieb der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, auf Twitter, wer das »misanthropische Hartz IV« überwinden wolle, müsse »vor allem die Regelsätze so erhöhen, dass sie vor Armut schützen, und die aus einer schwarzen Pädagogik stammenden Sanktionen abschaffen«. Linke-Chefin Katja Kipping sagte am Sonntag in Berlin, dass SPD und Grüne sich jetzt kritisch mit Hartz IV auseinandersetzten, sei auch ein Erfolg ihrer Partei. Allerdings nutze Minister Heil alle Tricks, um die Regelsätze kleinzurechnen. Dass selbst so geringfügige Änderungen auf erbitterten Widerstand der Union stoßen, zeige, wie nötig eine Mehrheit jenseits der Union sei.

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