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Thüringen-Wahl steht auf der Kippe
Wegen hoher Corona-Infektionszahlen diskutiert Rot-Rot-Grün die Verschiebung der Landtagswahl
Die für den 25. April 2021 geplante Neuwahl des Thüringer Landtages steht vor einer Verschiebung. Angesichts der hohen Corona-Zahlen im Freistaat mehren sich die Stimmen, die argumentieren, es sei nicht zu verantworten, eine Neuwahl in den kommenden Wochen zu organisieren. Vor allem Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), die Grünen und Teile der SPD haben sich zu diesen Bedenken klar geäußert. Am Donnerstag treffen sich die Partei- und Fraktionsspitzen von Linke, SPD und Grünen mit der CDU, um über die Lage zu beraten.
Ramelow hatte am Sonntagabend im ZDF betont, es gelte, die rund 30 000 Wahlhelfer in Thüringen vor einer Corona-Infektion zu schützen. »Unter den jetzigen Bedingungen der Pandemie ist es kaum vorstellbar, dass wir im April neu wählen«, sagt Grünen-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich. Sie forderte wie andere Vertreter der rot-rot-grünen Minderheitskoalition, den sogenannten Stabilitätsmechanismus mit der CDU für den Fall einer Verschiebung der Wahl zu verlängern.
Im März 2020 hatten sich Linke, SPD, CDU und Grüne darauf geeinigt, den Landtag nach Beschluss eines Landeshaushaltes für 2021 aufzulösen - obwohl der Landtag erst im Herbst 2019 neu gewählt worden war. Als Wahltermin war damals der 25. April festgelegt worden. Die Thüringer sollen damit die Möglichkeit erhalten, die Zusammensetzung des Parlaments neu zu bestimmen, nachdem es dort am 5. Februar 2020 zu einem politischen »Tabubruch« gekommen war: Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich hatte sich mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Nur einen Tag später gab er wegen des massiven öffentlichen und politischen Drucks seinen Rücktritt bekannt. Im März war dann Bodo Ramelow erneut zum Ministerpräsidenten gewählt worden.
Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Matthias Hey, sagt, auch die Sozialdemokraten hätten inzwischen große Zweifel daran, dass sich die Wahl bis zum April verantwortungsvoll vorbereiten lasse. »Wir haben nach wie vor keine Zweifel am Sinn der Neuwahlen im April, wegen der aktuellen Lage aber Zweifel an ihrer Durchführbarkeit - und diese Zweifel wachsen mit jeder Neuinfektion in Thüringen«, sagt er. Hey argumentiert, zur Wahlvorbereitung müssten unter anderem in jedem der 44 Thüringer Wahlkreise Hunderte Menschen zu Wahlkreisversammlungen der einzelnen Parteien zusammenkommen - und das in Zeiten, in denen es eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit ist, wenn sich Menschen aus mehr als zwei Hausständen privat treffen. Deshalb sei dergleichen nicht zu rechtfertigen.
CDU-Fraktionschef Mario Voigt will sich dagegen vor einem für Donnerstag geplanten Treffen der vier Fraktionen nicht festlegen, ob die Union einer Verschiebung zustimmen wird. »Für uns gilt, was verabredet ist«, sagt er. Wenn die rot-rot-grünen Koalitionäre Gesprächsbedarf zum Wahltermin hätten, werde sich die CDU ihre Vorschläge aber anhören. Es sei richtig, die aktuelle Pandemiesituation ernst zu nehmen, so Voigt. In den Verhandlungen über den Neuwahltermin hatte die CDU nach damaligen Angaben aus Teilnehmerkreisen eher auf spätere Neuwahlen gedrungen.
Auch die Linke-Fraktionsvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow reagiert noch zurückhaltend auf die Überlegungen, den Wahltermin zu verschieben. Der Antrag auf Auflösung des Parlaments liege fertig vor. »Aber man muss darüber reden, was durchführbar ist und was nicht«, sagt sie. »Das wird eine sehr schwierige Abwägung.« Für den Fall einer Terminverschiebung fordert Hennig-Wellsow wie Rothe-Beinlich und Hey, dass der Stabilitätsmechanismus neu belebt werden müsse, über den Rot-Rot-Grün und die CDU Thüringen in den vergangenen Monaten gemeinsam regiert hatten. So müsse auch ausgeschlossen werden, dass es eine Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD gebe. Eine solche Vereinbarung sei zwar nichts für den Alltag, doch hätten die vergangenen Monate gezeigt, dass sich dieses Instrument in Krisenzeiten bewährt habe. Rot-Rot-Grün hat im Landtag keine eigene Mehrheit.
Für den Fall der Vertagung der Wahl werden derzeit zwei Alternativtermine gehandelt: entweder zeitgleich mit der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni oder mit der Bundestageswahl am 26. September. Gegen einen gemeinsamen Termin mit Sachsen-Anhalt spricht allerdings, dass bis dahin auch nicht mehr allzu viel Zeit ist, wenn man bedenkt, dass im Vorfeld zum Beispiel Direktkandidaten bestimmt und Wahllisten erstellt werden müssen.
In Thüringen sind die Infektionszahlen besonders hoch. Am Dienstag lag die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz im Landesdurchschnitt bei 325,7 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner. Ministerpräsident Ramelow hatte deshalb an die Wirtschaft appelliert, alles zu unterlassen, was momentan nicht notwendig sei. Am Dienstag waren die Thüringer Landkreise Saalfeld-Rudolstadt und Hildburghausen mit Sieben-Tage-Inzidenzen von 595,9 beziehungsweise 526,9 diejenigen mit der bundesweit höchsten Infektionsrate.
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