Senat warnt vor massenhaften Insolvenzen

Wirtschaftssenatorin Pop fordert den Bund auf, die Auszahlung der Corona-Hilfen zu beschleunigen

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Angesichts der schleppenden Auszahlung der Corona-Bundeshilfen für Unternehmen hat Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) der Bundesregierung vorgeworfen, gefährlich viel Zeit zu verspielen. »Wir brauchen die Hilfe des Bundes, aber ich erwarte auch, dass der Bund liefert und nicht nur ständig ankündigt«, sagte Pop am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus. Die Senatorin warnte dabei vor massenhaften Insolvenzen in der Hauptstadt, sollten die Bundesmittel weiterhin in dem Tempo genehmigt und ausgezahlt werden wie bisher.

Zuvor hatten sich die Vertreterinnen und Vertreter der rot-rot-grünen Koalition und der Opposition im Plenum einen teils giftigen Schlagabtausch um die Corona-Wirtschaftshilfen des Landes und des Bundes geliefert. Nicht zuletzt der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, holte bei der Gelegenheit zum Rundumschlag gegen die Politik des Senats aus. Was die Unterstützung von Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und Kulturbetrieben angehe, habe Rot-Rot-Grün seit Beginn der Pandemie »alles falsch« gemacht. Worauf Gräff mit seiner Kritik genau hinauswollte, wurde zwar nicht ganz deutlich - aber Hauptsache, die Wahlkampfrhetorik saß. »Nichts haben Sie in einem halben Jahr zustande gebracht!«, polterte er zuletzt in Richtung Koalition.

Das sah man in deren Reihen freilich anders. »Berlin macht vor, wie es geht«, lobte etwa die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Nicole Ludwig, und verwies auf die Unternehmenshilfen des Landes. Ob Schankhilfe, Stipendien, Soforthilfe für Soloselbstständige oder für Kultur- und Medienbetriebe: Berlin helfe den Unternehmen »effektiv durch die Krise«, so Ludwig.

Auch SPD-Wirtschaftsexperte Frank Jahnke sah mit Blick auf die Unternehmen vor allem die »enormen Anstrengungen« des Landes, und das mit Summen, die vor der Pandemie »ins Reich der Utopien« verwiesen worden wären. Der CDU warf Jahnke eine bigotte Haltung in der Frage der Auszahlungsmodalitäten vor: Nehme der Senat die Sache schnell und unbürokratisch in die Hand wie bei den Landeshilfen für die Soloselbstständigen im Frühjahr 2020, mokiere sich die Opposition über Betrugsfälle; werde genauer geprüft, gehe es wieder zu langsam voran. Letztlich mahnte Jahnke denn auch für Verständnis: »Leider gibt es kein Patentrezept.«

Ein solches hatte auch die FDP nicht vorzuweisen, dafür aber einen Katalog, was der Senat alles unternehme, um dem Einzelhandel den »Todesstoß« zu versetzen. Dazu zählte deren Abgeordnete Sibylle Meister die Verkehrsberuhigung der Friedrichstraße ebenso wie die »ideologischen Diskussionen« um den Abriss und Neubau des Karstadt-Kaufhauses am Hermannplatz in Neukölln. Überhaupt sah Meister für Berlin düstere Zeiten mit »nur noch verhängten Schaufenstern« hereinbrechen. Die Zwischenfrage des Linke-Abgeordneten Steffen Zillich, ob man deshalb nicht mal über eine Begrenzung der Gewerbemieten sprechen sollte, wischte die Immobilienmaklerin indes beiseite: »Das ist sicher eine interessante Frage, wenn wir über die kleinen Kieze reden.« Aber man dürfe eben die großen Unternehmen nicht vergessen.

Derweil ist absehbar, dass es angesichts des Infektionsgeschehens in Berlin etwaige Lockerungen für Einzelhandel, Gastronomie oder Hotellerie vorerst nicht geben wird. So registrierte die Gesundheitsverwaltung am Mittwoch 1222 Neuinfektionen. Hinzu kam ein neuer Höchstwert bei den Todesfällen: 76 Menschen starben infolge einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag bei 199,2 und damit nur knapp unter der 200er-Marke, ab der noch schärfere Corona-Maßnahmen greifen werden.

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