Fußabdrücke als Ersatz

Agrarbündnis fordert Wende in der Landwirtschaftspolitik Deutschlands und der EU

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

Unter dem Motto »Agrarindustrie abwählen, Agrarwende lostreten!« soll am Samstag in Berlin der alljährliche »Wir haben es satt!«-Protest anlässlich der weltgrößten Agrarmesse »Grüne Woche« stattfinden. Sowohl die internationale Messe und wie auch die Protestveranstaltungen werden wegen der Corona-Pandemie vor allem digital veranstaltet, also kaum eindrucksvolle Bilder liefern.

»Bleibt zu Hause« ist wohl ein eher ungewöhnlicher Aufruf für eine Protestveranstaltung. Das Bündnis aus rund 60 Landwirtschafts-, Lebensmittel-, Umwelt- und Tierschutzverbänden sowie kirchlichen und entwicklungspolitischen Organisationen will in diesem Jahr statt einer Großdemonstration ein anderes sichtbares Zeichen für eine Agrar- und Ernährungswende setzen: vor dem Kanzleramt mit Girlanden aus Tausenden Fußabdrücken auf Papier. Geplant sind zudem ein Traktorenprotest vor dem Konrad-Adenauer-Haus sowie die Übergabe einer Protestnote an die Bundes-CDU. Auch ein mehrtägiges Rahmenprogramm findet digital statt.

Im sogenannten Superwahljahr 2021 mit Bundestagswahl und sechs Landtagswahlen sollten die Weichen gestellt werden für eine »enkeltaugliche Landwirtschaftspolitik«, erklärte das »Wir haben es satt!«-Bündnis am Mittwoch in Berlin. Nur so hätten Höfe, Tiere und Klima eine Zukunft. Konkret fordert das Bündnis die Unterstützung für Bäuerinnen und Bauern beim Umbau der Landwirtschaft. Gefördert werden solle der Umbau von Ställen und die Reduzierung der Nutztiere. Für Maßnahmen gegen den Klimawandel müsse der Fleischkonsum deutlich gesenkt werden. Für mehr Insektenschutz seien ein Ausstieg aus Pestiziden und ein Gentechnik-Stopp nötig. Das Bündnis macht sich zudem für weltweite Menschenrechte stark und fordert einen Stopp des EU-Mercosur-Abkommens.

Kritik übt das Bündnis ausdrücklich an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). »Das unionsgeführte Agrarministerium hat zu verantworten, dass seit 2005 130 000 Höfe schließen mussten«, sagte Elisabeth Waizenegger, Milchbäuerin aus dem Allgäu und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Die aktuellen Demonstrationen vor dem Lebensmitteleinzelhandel und den Großmolkereien zeigten die verzweifelte Situation auf vielen Höfen. Viele Höfe arbeiteten seit Jahren mit einer Unterdeckung ihrer Kosten. Dennoch seien die »Bäuerinnen und Bauern bereit für den Klima-, Arten- und Tierschutz, wenn wir faire Erzeugerpreise bekommen und unsere Leistungen durch eine bessere EU-Subventionspolitik honoriert werden«, betonte Waizenegger. Die AbL fordert im Rahmen des Milchdialogs gemeinsam mit anderen Verbänden seit Monaten schnelle und zielgerichtete Hilfe für die milchproduzierenden Höfe und langfristig bessere Verträge mit dem verarbeitenden Gewerbe sowie weniger Exportorientierung.

Die kritisierte EU-Subventionspolitik allerdings soll laut Klöckner bereits vor der Bundestagswahl für die kommenden Jahre festgelegt sein. Die Bundeslandwirtschaftsministerin erklärte zum Wochenbeginn, der nationale Strategieplan, den Deutschland der EU-Kommission bis Januar 2022 vorlegen muss, um die Agrarsubventionen zu bekommen, müsse bis Jahresmitte abgeschlossen sein. Die EU-Kommission hatte zuletzt vorgeschlagen, auch einen Teil der Direktzahlungen an Umweltauflagen zu koppeln, Kritiker*innen reicht das nicht. Allerdings sind die Verhandlungen auf europäischer Ebene zwischen Ministerrat, Parlament und Kommission noch nicht abgeschlossen.

In Deutschland haben die Landesumweltminister*innen am Dienstag ein Papier verabschiedet, in dem sie fordern, zukünftig bei der Ausgestaltung der Vorgaben für Landwirte mitreden zu dürfen. »Es sollte selbstverständlich sein, dass die Umweltministerien der Länder und des Bundes an der Umsetzung [...] beteiligt sind«, heißt es laut Medienberichten in dem Papier.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.