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Kreuzfahrtflaute bedroht Arbeitsplätze
Meyer-Werft in Papenburg will bis zu 1800 Stellen abbauen
Schon im April vergangenen Jahres hatte der Seniorchef der Schiffsschmiede an der Ems in Niedersachsen, Bernard Meyer, von der »größten Krise« gesprochen, die er je in der Werft erlebt habe. Wegen Corona sei die Nachfrage an Kreuzfahrtschiffen deutlich gesunken. Zwar lägen Aufträge vor, aber bis 2024 sei voraussichtlich kein Neugeschäft zu erwarten, die Arbeit im Betrieb werde sich um etwa 40 Prozent verringern. Erstmals nannte das Unternehmen nun dieser Tage eine konkrete Zahl: Es sei nicht auszuschließen, dass bis zu 1800 der insgesamt 4500 Beschäftigten ihren Job verlieren.
Eine solche Ankündigung sei »ein Schlag ins Gesicht«, ein Skandal, betont Meyer-Betriebsratsvorsitzender Nico Bloem. So wie er wundert und ärgert sich auch die IG Metall Leer-Papenburg über die düstere Prognose der Geschäftsführung. Es gebe derzeit keinen Mangel an Arbeit, die Werft habe Aufträge für acht Schiffe, weiß man bei der Arbeitnehmervertretung.
Der Betriebsrat hofft nun auf Unterstützung aus der Landeshauptstadt Hannover. Immerhin hat das Land Niedersachsen der Meyer-Werft Hilfsgelder in Höhe von 20 Millionen Euro bewilligt. Bloem fragt: Ist es gerechtfertigt, dass solch hohe Fördermittel fließen, obwohl Meyer über Werkverträge Arbeit an andere Firmen vergibt, gleichzeitig aber von einem vierstelligen Personalabbau bei der Stammbelegschaft spricht?
Die Werft habe mitgeteilt, dass sie für das ganze Jahr in größerem Umfang Tätigkeiten im Kernbereich nach außen vergeben habe. So zitiert der NDR den Metall-Gewerkschafter Thomas Gelder. Er weiß: Zu den so beauftragten Kräften zählen Schweißer, Elektriker und Schiffsbauer. Gleichzeitig aber soll die angestammte Belegschaft in Kurzarbeit gehen. Als die Gewerkschaft davon und dann auch noch von den Gedankenspielen zum massiven Stellenabbau erfahren habe, so Gelder, habe sie die mit der Werftleitung geführten Verhandlungen abgebrochen. In ihnen war es um die Bewahrung der Arbeitsplätze gegangen.
Die Geschäftsführung hält entgegen, sie sei zuversichtlich, einen Großteil der 1800 Stellen zu retten, »wenn man intelligente Konzepte mit dem Betriebsrat vereinbaren könnte«. Welche Konzepte das Unternehmen bereithält, falls die Flaute im Kreuzfahrtgeschäft auf Dauer anhalten sollte, war aus Papenburg nicht zu hören. Man gibt sich bei den Entscheidern optimistisch, aber verhalten. So wie Seniorchef Bernd Meyer, der im Frühjahr 2020 prognostiziert hatte: Überwunden werde die Krise der Kreuzfahrtbranche wohl erst 2030 sein.
In der Politik hofft man darauf, dass sich Werftleitung und Betriebsrat nach dem Gesprächsabbruch wieder an einen Tisch setzen. So forderten die SPD-Landtagsabgeordnete Hanne Modder und der Vorstand ihrer Partei im Kreis Leer, dass beide Seiten wieder miteinander verhandeln müssten: »Wir können die Unruhe und die Enttäuschung der Belegschaft sehr gut verstehen.« Es gehe immerhin um die Existenzängste vieler Familien.
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