- Politik
- US-Präsident Joe Biden
Radikaler Neustart und deutliche Abkehr von Politik des Vorgängers
Joe Biden setzt am ersten Tag mit politischen Schritten Zeichen bei der Umwelt- und Einwanderungspolitik
Washington. Schon an seinem ersten Amtstag hat der neue US-Präsident Joe Biden auf das Tempo gedrückt und seine radikale Abkehr vom Kurs des Amtsvorgängers Donald Trump eingeleitet. Kurz nach seinem Einzug ins Weiße Haus setzte Biden am Mittwoch mehrere Maßnahmen in Kraft, darunter die Rückkehr der USA in das Pariser Klimaschutzabkommen, die Aufhebung der Einreiseverbote für Menschen aus mehreren mehrheitlich muslimischen Ländern und den Stopp des Mauerbaus an der Grenze zu Mexiko.
Biden versprach: »Wir werden den Klimawandel auf eine Weise bekämpfen, wie wir es bislang noch nicht gemacht haben.« Trump hatte hingegen die von Menschen verursachte Erderwärmung angezweifelt und sein Land aus dem Pariser Abkommen von 2015 hinausgeführt. Der Wiedereinstieg der USA tritt 30 Tage nach Eingang des entsprechenden Biden-Schreibens bei der UNO in Kraft. Der neue US-Präsident will darauf hinarbeiten, dass die USA bis spätestens 2050 klimaneutral wirtschaften.
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Biden zeichnete im Oval Office noch andere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ab. Er suspendierte Ölbohrungen in einem Naturschutzgebiet im Bundesstaat Alaska und blockierte den Weiterbau der Ölpipeline Keystone XL aus Kanada. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau, der die Pipeline befürwortet, reagierte allerdings »enttäuscht« auf Bidens Schritt.
Zugleich kündigte Trudeau aber an, dass er mit dem neuen Präsidenten beim Kampf gegen die Umweltverschmutzung und den Klimawandel zusammenarbeiten wolle. Der kanadische Regierungschef ist der erste ausländische Staatenlenker, mit dem Biden nach seinem Amtsantritt telefonieren will. Das Gespräch ist für Freitag angesetzt, wie Bidens Sprecherin Jen Psaki mitteilte.
Biden machte auch den von Trump eingeleiteten Ausstieg der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) rückgängig. Bereits am Donnerstag soll der prominente Virologe Anthony Fauci als US-Vertreter an einer WHO-Sitzung teilnehmen. Trump hatte der Organisation im Streit um den Umgang mit der Corona-Pandemie den Rücken gekehrt.
Auch mit seinen Personalia kam Biden bereits am ersten Amtstag voran. Der seit Mittwoch von seinen Demokraten kontrollierte Senat erteilte seine erste Genehmigung für ein von Biden nominiertes Regierungsmitglied. Die Kongresskammer gab mit großer Mehrheit grünes Licht für die Ernennung der Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines. Auch die Mehrzahl der Republikaner votierte für sie.
Neuer US-Präsident legt auch Einwanderungsreform vor
Bei den strittigen Regeln für Einwanderung und Einreise in die USA hat Biden wenige Stunden nach seiner Amtseinführung einen Kurswechsel eingeleitet. Biden nahm Abstand von seinem Vorgänger Donald Trump und unterzeichnete eine Anordnung, den Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko zu stoppen. Der neue Präsident stellte am Mittwoch (Ortszeit) eine umfassende Einwanderungsreform vor und widerrief Trumps Einreiseverbot für Menschen aus mehreren mehrheitlich muslimischen Ländern.
Avideh Moussavian, Direktorin des Verbandes »National Immigration Law Center«, begrüßte Bidens Entscheidung und sagte im Rundfunksender NPR, man müsse Wege finden, vom Einreiseverbot geschädigten Menschen zu helfen. Wenige Tage nach Amtsantritt im Januar 2017 hatte Trump das Einreiseverbot gegen Menschen aus mehreren muslimisch geprägten Ländern erlassen.
Dem US-Kongress legte Biden eine Reform vor für »Mitmenschlichkeit und amerikanische Werte« beim Einwanderungsrecht. Diese soll vielen in den USA lebenden Migranten ohne Papiere Wege zur Legalisierung öffnen. Gleichzeitig enthält das Reformpapier Maßnahmen zu Grenzsicherung mit »technologischen Mitteln«. Mit wirtschaftlichen Hilfsprogrammen für El Salvador, Guatemala und Honduras will die Regierung Biden Grundursachen der Migration angehen.
Nach Berechnung des Forschungsinstitutes Pew Research Center leben etwa 10,5 Millionen Migranten in den USA ohne gültige Papiere. Reformvorhaben bei der Einwanderung stocken seit Jahren. Der republikanische Präsident George W. Bush und der ihm folgende Demokrat Barack Obama hatten bereits umfassende Konzepte vorgelegt. Sie wollten vielen Migranten ohne Papiere eine Legalisierung ermöglichen und die Grenzsicherheit erhöhen. Die Pläne scheiterten am Widerstand republikanischer Politiker.
Donald Trump wurde 2016 nach einer scharfen Kampagne gegen Einwanderer zum Präsidenten gewählt. Er reklamierte am Ende seiner Präsidentschaft den Bau von rund 720 Kilometer Grenzbarrieren als persönlichen Erfolg für sich. Bei einer Senatsanhörung am Dienstag antwortete Bidens designierter Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas auf die Frage nach zusätzlichen Barrieren, Grenzschutz sei »keine monolithische Herausforderung«. Es komme auf Geografie und Umstände vor Ort an.
Eine Anordnung Bidens am Mittwoch kam Hunderttausenden jungen Menschen zugute. Der neue US-Präsident bekräftigte das Schutzgesetz für junge Migranten, die als Kinder ohne gültige Papiere in die USA gekommen sind. Barack Obama hatte dieser Gruppe 2012 besonderen Schutz gewährt. Trump lehnte die Maßnahmen ab. Agenturen/nd
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