Bevormundung als Hilfe

Lisa Ecke über die Corona-Hilfen für Menschen in Armut

Zehn kostenlose FFP2-Masken sollen Menschen in Hartz IV jetzt laut Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bekommen. Dieses Zugeständnis an Menschen in Armut macht Betroffenen eindrücklich deutlich, als wie unwichtig sie gelten und wie ausgeschlossen sie sind. Die Corona-Pandemie gibt es nicht erst seit gestern, bereits seit über neun Monaten besteht bundesweit eine Maskenpflicht in Geschäften und im öffentlichen Verkehrsmitteln. Geld für die Masken mussten sich Betroffene bisher von ihrem Hartz-IV-Satz, der unter der offiziellen Armutsschwelle liegt, irgendwie abzwacken.

Auch jetzt bekommen sie nicht etwa mehr Geld, um sich entsprechende Hygieneartikel leisten zu können; sie werden bevormundet und entmündigt. Sie müssen auf ein Schreiben ihrer Krankenversicherung warten, mit diesem und ihrem Personalausweis können sie dann die Masken in der Apotheke abholen. Das bedeutet: sich als erwerbslos outen müssen, als Teil jener Gruppe, auf die viele herabblicken. Womöglich noch abfällige Blicke oder Bemerkungen ertragen.

Eine faire Corona-Hilfe wäre es stattdessen, Hartz-IV-Beziehenden mehr Geld auszuzahlen. Nicht nur für dringend benötigte Schutzausrüstung, sondern allgemein für die gestiegenen Lebenskosten durch die Pandemie. Viele Hilfen fallen weg, etwa kostenfreies Internet in Bibliotheken oder Mittagessen in Schulen. Von einer Unterstützung für arme Menschen in der Pandemie ist bisher kaum etwas zu merken. Auch das im Sommer beschlossene 500-Millionen-Euro-Soforthilfeprogramm für Schul-Laptops hat nicht annähernd ausgereicht. Das müssen inzwischen selbst die Verantwortlichen einsehen: Heil kündigte jetzt an, dass Jobcenter ab kommender Woche Kosten für Tablets, Laptops oder Drucker übernehmen müssen. Dann können in Armut lebende Kinder endlich am »Homeschooling« teilnehmen. Dass kann aber nur ein kleiner Anfang sein, denn es braucht weit mehr finanzielle Coronahilfe für arme Menschen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.