Dresdner Antifaschisten planen Blockaden gegen Nazis

Bündnis »Dresden nazifrei!« mobilisiert gegen rechte Aufmärsche am Jahrestag der Bombardierung der Elbstadt am 13. Februar

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.
Eine Sitzblockade ist mit Abständen von 1,50 Metern schwer vereinbar. Dennoch mobilisiert das Bündnis »Dresden nazifrei!« für den Jahrestag der Bombardierung der Stadt am 13. Februar unter dem Motto »Dresden blockiert« gegen eine Vereinnahmung des historischen Datums durch Rechtsextreme. Man werde sich, anders als in vergangenen Jahren, »nicht auf die Straße setzen« können, um eventuelle Aufmärsche von Nazis zu unterbinden, sagt Rita Kunert, die Sprecherin des Bündnisses: »Das erschließt sich in der derzeitigen Situation jedem.« Trotzdem solle in der Stadt Flagge gezeigt werden: »Wir wollen, dass an dem Tag positive politische Botschaften von Dresden ausgehen.«

Oft genug war das anders. Der Jahrestag war eine Zeit lang Anlass für den europaweit größten Aufmarsch von Neonazis. Sie nutzten das Datum, um deutsche Kriegsschuld zu leugnen und Kriegsverbrechen zu relativieren. So wurden die Luftangriffe, bei denen nach Angaben einer Historikerkommission rund 25 000 Menschen ums Leben kamen, als »Bombenholocaust« bezeichnet. Der Zulauf zu den Aufzügen ebbte erst ab, als das Bündnis »Dresden nazifrei« ab 2010 bundesweit erfolgreich zu Blockaden zu mobilisieren begann. Vergangenes Jahr, zum 75. Jahrestag der Angriffe, verhinderten 2500 Gegendemonstranten, dass ein Aufmarsch mit 1500 Nazis in die Innenstadt gelangte.

Dieses Jahr wird wegen Corona vieles anders. Zwar ist mit Veranstaltungen der rechten Szene zu rechnen; ein örtlicher Neonazi hat wie seit Jahren eine Demonstration angezeigt; auch die AfD will auf dem Altmarkt an die Opfer der Angriffe erinnern. Wie die Stadt als Ordnungsbehörde reagiert, ist bisher offen. Laut aktueller sächsischer Corona-Verordnung sind Versammlungen unter freiem Himmel bei den derzeitigen Inzidenzwerten in der Stadt mit bis zu 1000 Teilnehmern zulässig, aber ausschließlich ortsfest. Kunert betonte, man erwarte, »dass das Laufen durch die Stadt untersagt wird«.

Verschiedene Plätze sollen dennoch zumindest symbolisch in Beschlag genommen werden. So werde es eine kleinere Kundgebung mit einer Handvoll Teilnehmern am Denkmal der Trümmerfrau vor dem Rathaus geben, sagte Brid Johnen von der Grünen Jugend. Gleiches gelte für einen Obelisken im Stadtteil Altnickern, der wegen seiner Aufschrift zum Pilgerort der Neonazis geworden ist. Dort ist zu lesen, man gedenke der Opfer des »angloamerikanischen Bombenterrors«.

Die Formulierung war in den 1950er Jahren in der DDR gebräuchlich, wird aber inzwischen wortgleich von den Rechten benutzt. Johnen betont, die Dresdner seien »nicht primär Opfer, sondern Täter« gewesen, weil die Luftangriffe eine Reaktion auf den zunächst von Deutschland entfesselten Krieg darstellten: »Wir sind für eine korrekte Erzählung der Geschichte.« Es gebe, fügt Zoe Olschewski von den Jusos hinzu, »noch immer Unbelehrbare, die nicht erkennen, dass nicht die Alliierten Schuld am Krieg waren«.

Klarstellen will das auch der »Mahngang Täterspuren«, der schon am 7. Februar in seiner 11. Auflage stattfindet. Das Gedenken in der Stadt sei noch immer stark »vom Erinnern an die Opfer geprägt«, sagt Mitorganisatorin Margot Gaitzsch. Allerdings sei die Stadt alles andere als unschuldig gewesen.

An Originalschauplätzen solle vielmehr daran erinnert werden, wie schnell die Stadtgesellschaft der NS-Propaganda verfiel. »Die Geschichte ihrer Verstrickung in das faschistische Regime muss aufgearbeitet werden«, sagt Gaitzsch. An fünf Stationen sollen Texte dazu vorgetragen werden, die Studenten der TU Dresden erarbeitet haben. Auch Sänger Sebastian Krumbiegel beteiligt sich an der Aktion. Während frühere Mahngänge aber stets auf große Resonanz stießen, werden ihn dieses Mal nur etwa zehn Menschen begleiten, sagt Gaitzsch. Alle anderen können ihn per Livestream folgen.

Nicht stattfinden wird in diesem Jahr auch die Menschenkette, zu der die Stadt Dresden in den zurückliegenden Jahren aufrief und bei der regelmäßig mehr als 10 000 Menschen einen symbolischen Ring um die Innenstadt zogen. In einem aktuellen Aufruf, den auch FDP-Oberbürgermeister Dirk Hilbert unterzeichnet hat, werden die Bürger gebeten, »aufgrund der besonderen Situation zu Hause zu bleiben und eine Kerze in ein Fenster« zu stellen.

So solle symbolisch an die »Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft« erinnert werden. Das Gedenken richtet sich indes nicht nur auf die zu Tode gekommenen Dresdner, sondern auf die »Millionen Toten der nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen«, wie der Aufruf klarstellt. Für diese »Untaten« trage auch die Stadt eine historische Verantwortung.

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