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»Der Duden hat keine Sprachmacht oder Sprachgewalt«
Duden-Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum weist Kritik am Gendern des Online-Wörterbuchs zurück
Berlin. Die Duden-Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum weist Kritik am Gendern des Online-Wörterbuchs zurück. Anders als von sprachkonservativen Gegnern der Reform beklagt, wolle und könne der Duden das sogenannte generische Maskulinum nicht abschaffen, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). »Der Duden hat keine Sprachmacht oder Sprachgewalt, um die Nutzung bestimmter Begriffe zu verhindern«, betonte Kunkel-Razum. Vielmehr orientiere sich die Redaktion an der sprachlichen Realität, die sich gewandelt habe hin zum Bemühen um eine geschlechtergerechtere Sprache.
Im Januar war bekannt geworden, dass die Duden-Redaktion ihre Online-Ausgabe überarbeitet. Demnach bekommen insgesamt 12.000 Personen- und Berufsbezeichnungen wie »Lehrerin«, »Pfarrerin« und »Anwältin« erstmals einen eigenen Eintrag und nicht mehr nur einen Verweis auf die männliche Form. »Lehrer«, »Pfarrer« und »Anwalt« werden künftig als »männliche Person« aufgeführt.
Ihre Redaktion hätten seit einigen Jahren viele Zuschriften erreicht, in denen eine Gleichstellung der weiblichen Formen gefordert worden sei, sagte Kunkel-Razum. Zugleich habe sich die Amtssprache klar gewandelt: »Es hat ja wohl eine Aussagekraft, wenn ganze Länder und Städte Verwaltungsvorschriften erlassen für eine geschlechtergerechte Sprache.« Wichtigste Grundlage für die Entscheidung zum Gendern des Online-Dudens sei aber die digitale Textsammlung der Redaktion gewesen, das sogenannte Dudenkorpus. »Hier haben wir eine deutliche Entwicklung festgestellt, geschlechterübergreifende Formen zu ersetzen, etwa durch Doppelnennungen wie 'Bürgerinnen und Bürger'«, erklärte die Germanistin.
Gendern - muss das sein? Sprache ist zwar Kulturgut, aber dennoch einem ständigen Wandel unterworfen.
Daher verwahre sie sich auch gegen den Vorwurf, der Duden wolle die Sprache manipulieren und eine neue Norm schaffen. Fixe Normen gebe es allenfalls für die Rechtschreibung und für diese sei der Rat für deutsche Rechtschreibung zuständig, sagte Kunkel-Razum. »Beim Duden bilden wir die Regeln ab, die die Sprachgemeinschaft macht«, betonte die 61-Jährige: »Wir beobachten, welche Formen sich herausbilden, und das beschreiben wir.« Eine Wortbedeutung sei nie eine Norm.
Das generische Maskulinum - also die geschlechterübergreifende Verwendung der männlichen Form - sei mitnichten gestrichen, sondern lebe in den Beispielen zu den Worteinträgen weiter. »Wenn ich etwa sage 'Ich gehe zum Arzt', dann kann das im allgemeinen Sprachgebrauch durchaus geschlechtsabstrahierende Bedeutung haben, weil die Praxis als Einrichtung gemeint ist«, erklärte sie. »Aber wenn von einer konkreten Ärztin oder einem konkreten Arzt die Rede ist, macht es natürlich einen Unterschied, wen wir vor uns sehen.« epd/nd
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