Wie rechts sind die Sicherheitsbehörden?
Neue »Cilip«-Ausgabe zum Thema Polizei und Rechtsextremismus
Bereits während der bürgerlichen Revolution im Jahre 1848 mussten Polizisten in Berlin für kurze Zeit Nummern an ihren Helmen tragen. Mit der Restauration der alten Besitz- und Machtverhältnisse war es damit schnell wieder vorbei. Bis heute gehören die Polizeigewerkschaften in Deutschland zu den entschiedenen Gegner*innen der Kennzeichnungspflicht.
Der linke Gewerkschaftshistoriker Malte Meyer, dem wir auch die Erkenntnis verdanken, dass eine Massenbewegung die Kennzeichnungspflicht vor mehr als 170 Jahren durchgesetzt hatte, untersucht in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift »Cilip« die Gründe, warum die Polizeigewerkschaften konservative Standesorganisationen geblieben sind. Sein Aufsatz endet mit der Feststellung: »Eine kritische Geschichte deutscher Polizeigewerkschaften wäre erst noch zu schreiben.« Das könnte als Aufforderung an die »Cilip«-Autor*innen gelesen werden, die seit ihrer Gründung 1979 einen kritischen Blick auf die Polizei werfen, wie schon der Untertitel »Bürgerrechte und Polizei« deutlich macht. In der aktuellen Ausgabe beschäftigt sich die »Cilip« unter dem Titel »Alles, was rechts ist« mit der medialen Konjunktur des Themas »Polizei und Rechtsextremismus«.
Die Linke-Bundestagsabgeordnete Martina Renner gibt gemeinsam mit ihrem Wissenschaftlichen Mitarbeiter Sebastian Wehrhahn einen Überblick über die Ermittlungen gegen das rechte Nordkreuz-Netzwerk. Der Soziologe Hendrik Puls rekapituliert den staatlichen Umgang mit der Neonazigruppe Combat 18, die im Januar 2020 verboten wurde. Deren Mitglieder haben sich unter dem Namen »Brothers of Honour« längst neue Strukturen geschaffen. Die Jurist*innen Lukas Theune und Franziska Nedelmann befassen sich mit der noch längst nicht abgeschlossenen Geschichte des Neukölln-Komplex, wie das seit Jahren in dem Berliner Stadtteil aktive rechte Netzwerk genannt wird.
Der Referent für Innenpolitik bei der Linksfraktion im Bundestag Dirk Burczyk warnt davor, Verfassungsschutz und Polizei als geeignete Werkzeuge im Kampf gegen Rechts zu betrachten Die Ressourcen von Geheimdienst und Polizei würden je nach politischer Konjunktur gegen verschiedene Phänomene eingesetzt. »Wenn es heute Rechtsextremismus ist, kann es morgen schon etwas anderes sein«, so Burczyk. Die Linke bleibt dabei immer im Blick, wie der aktuelle Vorstoß der niedersächsischen Innenbehörde zeigt, die Antifa verbieten zu wollen. Die Sozialwissenschaftlerin Sarah Schulz erteilt Forderungen eine Absage, mit geheimdienstlichen Regelabfragen Rechte aus den Behörden raushalten zu wollen. Sie erinnert an die Geschichte des sogenannten Radikalenerlass von 1972, der zu Berufsverboten und einer Gesinnungsschnüffelei gegen Linke geführt hatte. »Eine Neuauflage der Regelanfrage hätte unweigerlich den erneuten Ausbau der Verfassungsschutzbehörden zur Folge, vor allem in Zeiten von Social Media und Big Data«, warnt Schulz.
Infos/Bestellung: www.cilip.de/zeitschrift
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