• Berlin
  • Jugendförder- und Beteiligungsgesetz

Neukölln behält Zusatzgeld für Jugendarbeit

Träger von Einrichtungen fordern die Weitergabe von 1,6 Millionen Euro Fördermittel des Landes

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir sollten 4,7 Stellen haben und sind nicht mal bei drei Stellen angekommen. Das heißt, wir sind nicht in der Lage, den Bedarf zu decken«, sagt Marie Gabaud von der Jugendfreizeiteinrichtung Bluebox in Rudow, tief im Süden Berlin-Neuköllns. Sie erklärt das am Montagabend im Haushaltsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung als eine der Sprecher*innen der AG 78, in der alle Träger der Kinder- und Jugendarbeit im Bezirk vertreten sind. Durch eine neue Tarifstruktur mit höheren Löhnen und durch steigende Mieten im Bezirk brauche es dringend mehr Geld für die Träger der Einrichtungen, sonst ließen sich die im Jugendförder- und Beteiligungsgesetz festgelegten Qualitätsstandards nicht umsetzen, erklärt Gabaud.

Eigentlich sollte das im Januar 2020 in Kraft getretene neue Jugendförder- und Beteiligungsgesetz des Landes die prekäre Finanzierung für Kinder- und Jugendarbeit in Berlin beenden und neue Qualitätsstandards setzen. »Warum sind die Gelder aus dem Fördergesetz nicht eins zu eins in der Jugendarbeit angekommen, genauso, wie die Aufgaben aus dem Gesetz für uns erwachsen sind?« will Gabauds Kollege Julian Bucks-maier wissen.

»Die 1,6 Millionen Euro schließen die Lücke, die der Bezirk ohnehin für ein Mehr an Jugendarbeit ausgibt«, entgegnet Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) bei der Diskussion im Ausschuss. Das zusätzliche Geld wird demnach also nicht zweckentfremdet, landet aber auch nicht bei den freien Trägern.

Der Bezirk habe 2020 für Kinder- und Jugendarbeit 2,7 Millionen Euro mehr ausgegeben, als ihm vom Land als Budget zugewiesen worden war. Nun seien die Fördermittel direkt in eine Erhöhung dieses Budgets eingeflossen. »Wir haben hier eine Verstetigung und die Anerkennung vom Land, dass der Bezirk hier einen höheren Bedarf hat«, sagt der Bürgermeister. »Wir gehen davon aus, dass die 10,4 Millionen, die wir 2020 ausgegeben haben, auch 2021 zur Verfügung stehen werden.«

Außer der Hoffnung, dass allen das Finanzproblem klar geworden sei und die Träger sich vom Bezirk unterstützt fühlen, kann Michael Morsbach (SPD), Vorsitzender des Haushaltsausschusses, nicht mehr anbieten. Es sei aber gezeigt worden, dass die Träger das Geld bekommen haben, das ihnen zustehe.

Sinaya Sanchis, Co-Leiterin des Mädchentreffs Schilleria, zeigt sich im Gespräch mit dem »nd« unzufrieden über den Umgang des Bezirks mit den Landesgeldern. »Summa summarum kommen wir bei Null raus«, sagt sie. Dabei habe ihre Einrichtung den dringenden Bedarf an einer erhöhten Finanzierung und habe damit gerechnet, von den Mitteln durch das Jugendförder- und Beteiligungsgesetz zu profitieren. »Wir sind unterbesetzt und werden der Anzahl an Mädchen, die uns besuchen, nicht gerecht«, so die Co-Leiterin.

»Wir haben von dem Geld aus dem Jugendförder- und Beteiligungsgesetz nichts gewonnen«, so Sanchis. Von den Erklärungen der Bezirkspolitiker*innen ist sie unbeeindruckt. Ihre Erwartung ist, dass die zusätzlichen Fördermittel vom Land sich direkt in zusätzlichen Ausgaben für die Kinder- und Jugendarbeit zeigen. »Es gab in den letzten Jahren Mehrausgaben für unsere Arbeit, aber das zeigt doch vor allem, dass wir in Neukölln einen erhöhten Bedarf haben. Die zusätzlichen Mittel vom Land müssen auch als zusätzliches Geld direkt bei den Trägern ankommen.«

Martin Hikel ist zufrieden mit der Aussprache. »Die Diskussion hat deutlich gemacht, dass der Bezirk in den letzten Jahren in Vorleistung gegangen ist«, sagt er zu »nd«. Der Bezirk habe in den letzten Jahren an anderer Stelle gespart und zusätzliches Geld in die Jugendarbeit gesteckt. »Damit haben wir dem Jugendfördergesetz vorgegriffen, mit dem ab diesem Jahr nun mehr Mittel in die Jugendarbeit fließen«, so Hikel.

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