Commerzbank mutiert zum Online-Haus

Hohe Verluste dienen dem Vorstand als Steilvorlage, um die Anzahl der Filialen drastisch zu reduzieren. Finanzminister Olaf Scholz trägt die Pläne mit.

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Jeder dritte Beschäftigte muss gehen und jede zweite Filiale wird geschlossen - dies hatte die Commerzbank bereits vor zwei Wochen mitgeteilt. Doch Kosten senken allein ist noch keine erfolgversprechende Strategie. Am Donnerstag stellte der neue Vorstandsvorsitzende Manfred Knof, erst seit einem Monat im Amt, auf der virtuellen Bilanzpressekonferenz seine genauen Pläne vor. Die teilstaatliche Bank soll endlich »nachhaltig profitabel« werden, so sein Credo.

Die Hoffnungen des vormaligen Deutsche-Bank-Managers ruhen auf dem Online-Banking. Das ist zwar wenig originell, doch hat der Konzern mit der Comdirect Bank im schleswig-holsteinischen Quickborn eine durchaus erfolgreiche Tochter, die bislang nur eine Nebenrolle spielt. Mit rund drei Millionen Kunden ist sie aber eine der größten Direktbanken in Deutschland. 1994 gegründet, weitete sich ihr Geschäft längst von Brief und Fax zu einem breit aufgestellten Internetangebot aus. Knofs Strategie läuft darauf hinaus, Comdirect zur Universalbank und zum Kern des Konzerns mit seinen mehr als zehn Millionen Kunden, überwiegend in Deutschland, weiterzuentwickeln.

Die »alte« Commerzbank wäre dann im Grunde eine Tochtergesellschaft, die Qualität zuliefert. Knof will dazu die »Beratungskompetenz« vor Ort mit der digitalen Stärke der Comdirect zusammenführen. Die Zahl der Filialen reduziert das nur noch viertgrößte Kreditinstitut von aktuell 790 auf dann bundesweit 450 Standorte. Dort sollen Kunden zu einfacheren Themen wie EC-Karte und Ratenkredit beraten und bei der Nutzung der digitalen Angebote unterstützt werden. Kunden mit höherem Beratungsbedarf erhalten noch an 220 Standorten eine »umfassende, persönliche Betreuung und individuelle Lösungen zu allen Fragen rund um Vermögen und Finanzierungen«. Das gilt auch für Firmenkunden. Gerade im global ausgerichteten Mittelstand sieht sich die Commerzbank mit an der Spitze.

Als zweites Standbein will Knof das Geschäft mit vermögenden Kunden und Unternehmen im sogenannten Wealth-Management »deutlich ausbauen«. Er folgt damit dem Beispiel der UBS. Ein Großteil des üppigen Gewinns der Schweizer Großbank in 2020 stammt aus der Vermögensverwaltung für Reiche. Hingegen meldete Knof für 2020 den höchsten Verlust der Commerzbank seit der Finanzkrise: 2,9 Milliarden Euro.

Dem neuen Vorstandschef eilt der Ruf eines »harten Sanierers« voraus. Sein Vorgänger Martin Zielke war im Streit zurückgetreten, weil er den radikalen Sparkurs nicht mitfahren und sich mit einer Eigenkapitalrendite von vier Prozent begnügen wollte. Nun soll die Commerzbank bis 2024 »rund sieben Prozent« erwirtschaften. Dann sollen auch wieder Dividenden an die Aktionäre fließen. Davon könnte auch der Bund profitieren, der 15,6 Prozent der Anteile hält.

»Dafür müssen wir die Bank in den kommenden Jahren tiefgreifend restrukturieren«, so Knof. Im Rahmen der »Strategie 2024« sollen die Kosten 2024 im Vergleich zu 2020 um 1,4 Milliarden Euro oder rund 20 Prozent reduziert werden. 10 000 Vollzeitstellen will Knof dafür »abbauen«. Gleichzeitig sollen 2500 Jobs entstehen, um Kosten für externe Dienstleister zu sparen. Am Ende sollen noch 32 000 Vollzeitstellen bleiben.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte, trotz Kritik aus seiner Partei an dem Kahlschlag der in der Finanzkrise mit staatlichen Milliardenhilfen geretteten Bank, die Pläne im Aufsichtsrat unterstützen lassen. Eine Studie im Auftrag der Bundesregierung soll sogar die Streichung von 17 000 Stellen empfohlen haben, heißt es. Selbst Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und Gewerkschaft haben sich offenbar weitgehend mit dem Stellenabbau abgefunden. Verdi sieht Knofs Pläne »teils mit Zuversicht, teils mit Sorge«. Man trage die digitale Neuausrichtung mit, erklärte Bundesvorstand Christoph Schmitz. Die Stellenstreichungen müssten aber bis 2025 gestreckt werden, »damit betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden könnten«. Ob sich Verdi damit durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Die Regelungen für den Stellenabbau sollen bis zur Aktionärsversammlung Anfang Mai getroffen werden.

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