- Politik
- Gedenken und Proteste in Dresden zum 13. Februar
Dresdner Gedenktag am Sonnabend endet mit virtueller Menschenkette
Mehrere hundert Demonstranten hatten gegen eine Neonazi-Kundgebung protestiert
Dresden. Mit einer virtuellen Menschenkette ist am Samstag in Dresden an die Zerstörung der Stadt vor 76 Jahren und an die Millionen Opfer der NS-Zeit erinnert worden. Bei der Aktion wurden unter Glockengeläut Bilder von Dresdnerinnen und Dresdnern auf die Frauenkirche, die Synagoge und weitere markante Gebäude projiziert. Mehr als 1.200 Menschen hatten sich mit ihrem Foto beteiligt, darunter auch Frauen und Männer aus dem Ausland.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hob den Dresdner Gedenktag als einen Beitrag für Demokratie und Frieden hervor. Die Stadtgesellschaft habe einen Weg gefunden, mit der Geschichte umzugehen, sagte Kretschmer bei einer Gedenkfeier im kleinen Rahmen auf dem Altmarkt. Die traditionelle Menschenkette sei ein klares Zeichen für Weltoffenheit und gegen Antisemitismus und Rassismus.
Bei den alliierten Luftangriffen auf Dresden vor 76 Jahren starben zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 nach wissenschaftlichen Schätzungen rund 25.000 Menschen. Wegen der Corona-Pandemie fand in diesem Jahr nur ein reduziertes Programm zum Gedenktag statt. Am Vormittag hatte es kleinere Veranstaltungen auf Friedhöfen gegeben.
Die Bilder der virtuellen Menschenkette waren am Samstagabend in stündlicher Wiederholung auch auf den Fassaden des Rathauses, Schauspielhauses und der Staatskanzlei zu sehen. Coronabedingt hatte die Stadtverwaltung dazu aufgerufen, an der Feier nur am Bildschirm teilzunehmen.
»Diese virtuelle, aber zugleich reale Menschenkette ist eine Form des Erinnerns und des Einstehens für Menschlichkeit heute«, sagte Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). 2020 hatten sich rund 11.000 Einheimische und Gäste an der Menschenkette beteiligt.
Mehrere hundert Demonstranten hatten zuvor in der Nähe des Hauptbahnhofs gegen eine Neonazi-Kundgebung protestiert. Seit Jahren missbrauchen Rechtsextreme den Gedenktag für ihre Zwecke. Hilbert rief bei der Gedenkfeier auf dem Altmarkt dazu auf, denen entgegenzutreten, die Fakten veränderten. »Lassen wir der Umdeutung keinen Raum«, sagte das Stadtoberhaupt.
Bei den Demonstrationen trennte die Polizei die Gruppen strikt voneinander. Zum Gegenprotest hatten das Bündnis »Dresden Nazifrei« und weitere Initiativen aufgerufen.
Die Bundespolizei zählte etwa 500 rechte Demonstranten, die mit der Bahn angereist waren. Die Beamten hätten 50 Identitätsfeststellungen durchgeführt und 194 Platzverweise ausgesprochen. Ein Sprecher der Dresdner Polizei bewertete die Lage dagegen bis zum Abend als ruhig und störungsfrei.
In einem Online-Friedensgebet rief Frauenkirchenpfarrerin Angelika Behnke zu Respekt und Toleranz auf. Die Dresdner Frauenkirche sei als Zeichen für Menschlichkeit und Glaubensstärke wiedererrichtet worden, sagte die evangelische Theologin. Der im Zweiten Weltkrieg zerstörte und 2005 wieder eingeweihte Barockbau sei ein Hoffnungszeichen und verbinde Menschen in der Stadt und weltweit.
Der Zeitzeuge Günther Ulbricht rief in dem Online-Gebet zu Zivilcourage auf. Die junge Generation nehme den Zustand des Friedens als Selbstverständlichkeit. »Das ist ein Irrtum«, sagte Ulbricht, der als Neunjähriger die Luftangriffe auf Dresden miterlebt hat. Frieden sei kein Geschenk, sondern eine Lebensaufgabe. epd/nd
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