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  • Nato-Angriff in Afghanistan

Menschenrechtsgerichtshof weist Klage gegen Deutschland zu Kundus ab

Vater, der zwei Söhne verloren hat, hatte Bundesrepublik Verstöße gegen Menschenrechtskonvention vorgeworfen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Mehr als elf Jahre nach dem vom deutschen Oberst Georg Klein angeordneten Nato-Luftangriff in Kundus mit etwa hundert Toten ist die juristische Aufarbeitung des Falls abgeschlossen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wies am Dienstag die Klage des afghanischen Familienvaters Abdul Hanan gegen Deutschland ab. Hanan hatte bei dem Luftangriff zwei Söhne verloren und Deutschland Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention vorgeworfen. Was in der Nacht des 4. September 2009 in Kundus geschah:

Die Bundeswehr war seit sechs Jahren in Kundus im Einsatz, als es zu dem verheerenden Nato-Luftangriff kam. Hintergrund war die Kaperung zweier Tanklaster durch Taliban-Kämpfer in der Nähe des deutschen Feldlagers in der nordafghanischen Provinz. Der deutsche Oberst Klein befürchtete, dass die Tanklaster als rollende Bomben gegen das Feldlager und die Bundeswehr-Soldaten eingesetzt werden könnten und ordnete ihre Bombardierung an.

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Zwei US-Kampfflugzeuge führten den Angriff auf die Tanklaster aus - obwohl sich in ihrem Umfeld zahlreiche Zivilisten befanden. Über die Zahl der zivilen Opfer gab es zunächst unterschiedliche Angaben. Während der damalige Oberbefehlshaber der US- und NATO-Truppen am Hindukusch, Stanley McChrystal, bereits wenige Tage nach dem Angriff erklärte, zivile Opfer könnten nicht ausgeschlossen werden, gab der damalige Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) zum selben Zeitpunkt an, bei dem Angriff seien ausschließlich etwa 50 »terroristische Taliban« getötet worden. Tage später korrigierte Jung seine Angaben.

Bis heute ist ungeklärt, wie viele Menschen bei dem Luftangriff in Kundus genau getötet wurden. Offiziell ist von 91 Toten und elf Verletzten die Rede; unabhängige Zählungen gehen von 142 Toten aus, darunter dutzende Zivilisten.

In Berlin führte der Luftangriff zu einer Regierungskrise. Die Opposition warf Jung vor, in den Tagen nach dem Bombardement die »Unwahrheit« gesagt und brisante Informationen vertuscht zu haben. Ende November 2009 trat der CDU-Politiker von seinem neuen Amt als Arbeitsminister zurück.

Auch innerhalb der Nato löste der Fall schwere Verstimmungen aus. McChrystal kritisierte offen die Informationspolitik der Bundeswehr, ranghohe deutsche Offiziere wiederum beschwerten sich über »offenbar von den USA gezielt gestreute Fehlinformationen«.

Der afghanische Familienvater Hanan warf Deutschland vor, nicht ausreichend zu dem Luftangriff ermittelt zu haben und zog 2016 mit Unterstützung der in Berlin ansässigen Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) vor den EGMR. Nun wiesen die Straßburger Richter die Klage einstimmig ab. Die Ermittlungen Deutschlands seien ausreichend gewesen, die Bundesrepublik habe nicht gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen, hieß es in der Urteilsbegründung.

Hanan und andere Hinterbliebene waren zuvor mit Entschädigungsklagen vor deutschen Gerichten gescheitert. Die Bundesregierung hatte den betroffenen Familien nach eigenen Angaben aber eine »humanitäre Hilfsleistung« in Höhe von je 5000 Dollar gezahlt. AFP/nd

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