Geisel jagt den Einzeltäter

Innensenator will im Verfassungsschutz zumindest ein wenig aufräumen

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Ob anonymes Hinweisgebersystem oder verpflichtende Führungskräftefortbildung: Der bislang auf die Berliner Polizei beschränkte Elf-Punkte-Plan zur Bekämpfung von rechtsextremen Tendenzen soll nun auch auf den Verfassungsschutz des Landes übertragen werden. Das kündigte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Mittwoch im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses an, versehen mit dem Zusatz: »und zwar unverzüglich«. Geisel zog damit die Konsequenzen aus einem Mitte Januar publik gewordenen Datenleck in der ihm unterstehenden Abteilung für Verfassungsschutz.

Wie berichtet, hatte ein Behördenmitarbeiter der Landes-AfD eine als »Verschlusssache« eingestufte abteilungsinterne Analyse zugespielt, die sich mit der Einordnung der Rechtsaußen-Partei als Prüf,- Verdachts- oder Beobachtungsfall beschäftigte. Der Innensenator versicherte im Ausschuss zwar, dass es sich bei dem über 40 Seiten umfassenden Papier mitnichten um ein Gutachten, nicht einmal um einen finalisierten Zwischenbericht, sondern »lediglich um eine Entwurfsfassung« handele, die überdies schwere »methodische Mängel« aufweise. Dennoch gab er sich zerknirscht. Die vermeintliche Irrelevanz des Dokuments ändere nichts daran, »dass es sich um einen schwerwiegenden Vorfall handelt, den wir auch mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgen und aufklären werden«, so Geisel. »Wir haben es mit einem Fall von Geheimnisverrat zu tun.« Man werde alles daran setzen, den oder die Täter zu fassen und zu bestrafen. Für sie sei »kein Platz im Verfassungsschutz«.

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Abgesehen von AfD-Fraktionschef Georg Pazderski, der den oder die betreffenden Beamten in die Nähe zum US-amerikanischen Whistleblower Edward Snowden rückte, stimmten fast alle anderen Ausschussmitglieder Geisel in diesem Punkt zu. Der Innenexperte der Linksfraktion, Niklas Schrader, nannte es indes nicht nur »ziemlich alarmierend«, dass Mitarbeiter des Geheimdienstes »im Ergebnis ihrem Beobachtungsobjekt in die Hände spielen«. Auch frage er sich angesichts der grundlegenden Mangelbehaftetheit des Papiers, wie man in die Arbeit der Behörde »wieder Qualität zurückbringen« könne.

Etwas verworren war die entsprechende Entgegnung des CDU-Abgeordneten Kurt Wansner. Der Kreuzberger Law-and-Order-Hardliner bezeichnete das Datenleck zwar als »ungeheuerlich«, arbeitete sich ansonsten aber an der »linksradikalen Gewalt in der Stadt« ab, mit der der Verfassungsschutz schließlich genügend zu tun habe. Überhaupt sei es »unsere Verpflichtung, den Verfassungsschutz zu stärken«. An Geisel gerichtet, warnte Wansner dann auch: »Seien Sie vorsichtig mit der angeblichen Aufklärung!«

Offenkundig anders sah das Wansners Fraktionskollege Stephan Lenz, der nachdrücklich die Aufklärung dieses »sehr unschönen Ereignisses« von der Innenverwaltung einforderte. Gleichwohl machte sich auch der CDU-Sprecher für Verfassungsschutz Sorgen um den Ruf des Geheimdienstes: »Wir hoffen alle, dass sich im Ergebnis herausstellt, dass es ein Einzelner war.«

Damit rannte Lenz bei Innensenator Geisel freilich offene Türen ein. Auch Geisel war es bei aller Verfolgungsrhetorik wichtig, zu betonen, dass man von »der Tat eines Einzelnen« ausgehen müsse. Deshalb, so der SPD-Politiker, dürfe man den Vorfall auch »nicht zum Anlass nehmen, den Berliner Verfassungsschutz in Gänze und als Institution mit Vorverurteilungen und haltlosen Anschuldigungen zu überziehen«. Das werde der Arbeit der rund 250 Mitarbeiter »nicht gerecht«, von denen »die allermeisten« genauso »betroffen« reagiert hätten wie er. Bei aller Betroffenheit: Die angekündigte »Sicherheitsüberprüfung« wird es auch für sie geben.

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