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Auch Clubs sind Opfer der Gentrifizierung
Eine Parlamentariergruppe engagiert sich für den Schutz von Musikspielstätten vor Verdrängung, auch jenseits der Coronakrise
Die Coronakrise hat die Situation von Veranstaltungsorten dramatisch verschärft. Sie haben schon vor der Pandemie auf die schwierige Lage von Clubs hingewiesen. Was sind die grundlegenden Probleme?
Wir erleben seit vielen Jahren, dass auch Clubs von der Gentrifizierung betroffen sind. Viele befinden sich zum Beispiel in ehemaligen Lagerhallen oder auf ehemaligen Eisenbahnflächen. Wenn die von Investoren für höherwertige Bauten ins Auge gefasst werden, kommt es oft zur Verdrängung. Das heißt, das Clubsterben ist Teil des Ausverkaufs der Städte. Deswegen habe ich schon im Oktober 2019 den Antrag »Clubsterben stoppen« in den Bundestag eingebracht, weil die entscheidenden Rahmenbedingungen im Bau- und Mietrecht eben Bundesangelegenheiten sind. Im Anschluss haben wir als Linke eine Anhörung dazu im Bauausschuss des Bundestages Mitte Februar 2020 initiiert. On Top kam dann die Coronakrise, wodurch das Problem eine neue Dimension bekommt.
Die Politikerin ist stellvertretende Vorsitzende und wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Jana Frielinghaus sprach mit ihr über das von ihr vor einem Jahr mit anderen Abgeordneten gegründete Parlamentarische Forum Clubkultur im Bundestag und dessen Aktivitäten gegen die Verdrängung und das Sterben von Veranstaltungsorten.
Vor einem Jahr waren Sie auch an der Gründung des Parlamentarischen Forums Clubkultur beteiligt. Wie kam es dazu?
Es wurde unmittelbar nach der Fachkonferenz im Bauausschuss im Februar 2020 zu Möglichkeiten, das Clubsterben zu verhindern, von Abgeordneten der Linken, der Grünen, von SPD, FDP und CDU gegründet. Ich hatte das zunächst halb im Scherz auf der »Stadt-nach-8-Konferenz« vorgeschlagen, weil es ja alle möglichen parlamentarischen Interessengemeinschaften gibt, wie zum Beispiel das Parlamentarische Weinforum, in dem sich Abgeordnete in Theorie und Praxis um den deutschen Wein bemühen. Oder der »Parlamentskreis Pferd«, den die frühere SPD-Vorsitzende Andrea Nahles gegründet hat. Zu meiner Überraschung stieß meine Idee auf großes Interesse. Auch der Verband der Musikspielstätten, LiveKomm, fand den Vorschlag gut, und hat eine Einladung an Abgeordnete aller demokratischen Fraktionen initiiert. Seitdem arbeiten Vertreter*innen der Linken, der Grünen, der FDP, von SPD und CDU mit der LiveKomm als Interessenvertretung von Clubs intensiv zusammen.
Welche Handlungsmöglichkeiten hat der Bundestag und was fordert das Forum?
Der Bundestag hat fast alle Möglichkeiten, denn die wichtigsten Gesetze werden hier gemacht. Nach einigen prominenten Clubschließungen und nach der besagten Anhörung hat das Thema viel Öffentlichkeit bekommen. Es ist endgültig im politischen Raum angekommen, auch Grüne und FDP haben Anträge dazu gestellt.Im Juli haben wir einen offenen Brief des Forums mit Unterschriften von 112 Abgeordneten an Innenminister Horst Seehofer überreicht. Darin fordern wir Nachbesserungen im Baurecht, speziell der Baunutzungsverordnung, und die Schaffung einer sogenannten Experimentierklausel Lärmschutz. Ich hoffe, dass das in dieser Legislatur noch kommt - die Koalition hat signalisiert, selbst tätig werden zu wollen. Ich bin gespannt! Wir haben außerdem als Clubforum dazu beigetragen, dass das im Zuge der Coronakrise aufgelegte Förderprogramm »Neustart Kultur« auch für Clubs und kleine Festivals geöffnet wurde, was nicht selbstverständlich ist. Das war ein längerer Kampf hinter den Kulissen, und am Ende wurde immerhin eine Milliarde Euro für das Programm bereitgestellt, davon circa 150 Millionen für Clubs.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass erst der Druck der von Kulturschaffenden organisierten Demos unter dem Motto »Alarmstufe Rot« dazu geführt hat, dass Künstler, Kulturschaffende und Clubbetreiber auch bei den sogenannten Novemberhilfen berücksichtigt wurden.
Welche Baurechtsänderungen fordern Sie?
Wir wollen, dass Clubs Konzerthäusern gleichgestellt und nicht länger wie Bordelle behandelt werden. Denn bisher ist es so, dass sie einfach weggentrifiziert werden können, wenn Stadtteile neu geplant werden. Dann müssen sie oft Lofts oder Eigenheimen weichen, weil sie eben »nur« als »Vergnügungsstätten« gelten. Wenn sie wie Konzerthäuser behandelt würden, hätten sie einen besseren Bestandsschutz.
Das Bundeskabinett hat im November bereits Änderungen im Baurecht beschlossen, die keinerlei Verbesserungen für Clubs beinhalten. Gehen Sie also davon aus, dass sich das im Zuge der parlamentarischen Debatte dazu noch ändert?
Dass es nicht im Gesetzentwurf steht, ist enttäuschend. Aber es gibt positive Signale aus der Koalition, auch was die Experimentierklausel Lärmschutz betrifft. Das könnte also noch in dieser Legislatur umgesetzt werden. Dagegen kommen wir bei der Verbesserung des Gewerbemietrechts noch nicht weiter. Hier wollen wir einen besseren Kündigungsschutz erreichen. Außerdem müssen Gewerbemieten sozial reguliert werden - und in der Pandemie auch ausgesetzt werden können. Das ist aber für Union und FDP undenkbar.
Sie treten auch für sogenannte Kulturschutzgebiete ein. Was ist damit gemeint?
Es gibt in Berlin und zunehmend auch anderen Städten sogenannte Milieuschutzgebiete. Die haben den Sinn, die Bewohner*innen und Mieter*innen vor Verdrängung zu schützen. Die Idee ist, in die Milieuschutzsatzungen auch Kultureinrichtungen und Gewerbebetriebe zu integrieren. Denn kleine Geschäfte sind ja durch Mietsteigerungen auch von Verdrängung betroffen. Aber auch das ist eher eine Aufgabe für die nächste Legislatur.
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