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Kein Polizeiversagen entdeckt
Gutachter im Neukölln-Komplex finden keinen Hinweis auf Fehler von Behörden
Der jüngste mutmaßlich neonazistische Angriff in Neukölln liegt nur ein paar Wochen zurück. Ende Januar übergießen Unbekannte die Gedenktafel für den 2012 auf offener Straße erschossenen Burak Bektaş mit weißer Farbe. Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt, weil ein politisches Motiv nicht ausgeschlossen werden kann. Warum Bektaş erschossen wurde, ist bis heute nicht geklärt. Angehörige und Unterstützerinnnen und Unterstützer der Familie werfen der Polizei vor, dass die Behörden zu wenig in Richtung Rechtsextremismus ermittelt haben. Sie gehen von einem rassistischen Tatmotiv aus.
Gut möglich, dass auch der Mord an Bektaş zur seit 2011 in Neukölln laufenden rechtsextremen Tatserie gezählt werden muss. Bis heute sind die weiteren zahlreichen Brandanschläge, Propaganda-Delikte und zahllosen Einschüchterungen nicht aufgeklärt. Drei der Tat verdächtige Neonazis befinden sich weiter auf freiem Fuß. Die Beweise gegen sie reichen für eine Untersuchungshaft nicht aus.
Angesichts einiger Ungereimtheiten bei den Ermittlungen untersuchen nun seit Herbst vergangenen Jahres zwei externe Ermittler im Auftrag der Senatsverwaltung von Innensenator Andreas Geisel (SPD) noch einmal den Neukölln-Komplex. Die Kommission, bestehend aus der ehemaligen Polizeipräsidentin Uta Leichsenring und dem ehemaligen Bundesanwalt Herbert Diehmer, soll die Akten auf mögliche behördliche Fehler sichten. »Beide werden unabhängig und weisungsfrei den Ermittlungskomplex prüfen und analysieren«, hatte Geisel seinerzeit bei der Einsetzung der Kommission erklärt.
Nach knapp fünf Monaten haben die externen Sachverständigen nun einen 28-seitigen Zwischenbericht vorgelegt, der »nd« vorliegt. Das Papier soll an diesem Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses besprochen werden. Die »Rechtsextreme Anschlagsserie in Neukölln« und die Arbeit der Besonderen Aufbauorganisation »Fokus« der Polizei, die für die Ermittlungen zuständig ist, steht auf der Tagesordnung des Ausschusses an vorderster Stelle. Dass hinter den Angriffen in Neukölln Neonazis stecken, sehen auch die externen Prüfer so. Im Zwischenbericht heißt es: »Gegenstand der zu prüfenden Ermittlungsmaßnahmen sind zahlreiche seit 2014 in vergleichbarer Art und Weise begangene Straftaten im Berliner Bezirk Neukölln, die nach ihrer Angriffsrichtung eindeutig dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen sind.«
Ungereimtheiten und Fehler der Behörden, wie sie in diesem Zusammenhang öfter öffentlich diskutiert wurden, hat die Kommission aber bislang nicht aufdecken können. Die Aktenrecherchen und Gespräche mit Betroffenen, Ermittlern und Behördenmitarbeitern von Polizei und Verfassungsschutz lieferten demnach keine Hinweise auf ein Behördenversagen. Es wurden bisher beispielsweise keine Auffälligkeiten bei Abfragen des Polizeilichen Informations- und Kommunikationssystems entdeckt, die erklären könnten, woher die Angreifer offensichtlich beste Kenntnisse über Adressen der Betroffenen der Serie haben. Außerdem heißt es in dem Bericht: »Ebenso haben sich bisher keine Hinweise auf mögliche politisch motivierte Auffälligkeiten im Sinne bewusst mangelhafter Ermittlungen oder gar deren Unterlassung im Kontext polizeilicher Bearbeitung dieses Komplexes ergeben.«
Ob dieses Zwischenergebnis geeignet ist, den massiven Vertrauensverlust in die Ermittlungsbehörden wiederherzustellen, wird sich zeigen. Die Betroffenen selbst fordern seit Längerem die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung des Neukölln-Komplexes, der in der kommenden Legislatur im Abgeordnetenhaus eingesetzt werden könnte.
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