Viel Haseloff, wenige Frauen

CDU in Sachsen-Anhalt bestimmt ihr Personal für die Landtagswahlen am 6. Juni

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 3 Min.

Reiner Haseloff zeigte sich am Samstag von seiner emotionalen Seite. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt stand im Veranstaltungszentrum Golfpark Dessau knapp 100 Delegierten seines CDU-Landesverbands gegenüber und redete sich in Rage. »Es darf null Möglichkeit geben, dass von rechts die Geschicke dieses Landes auch nur irgendwie mitbestimmt werden«, sagte Haseloff auf der Vertreterversammlung der Konservativen, ohne natürlich auf die fast schon obligatorische Warnung vor den Linken zu verzichten: »Es darf in keinster Weise dazu kommen, dass wir eine Steilvorlage für die Linke liefern, dass sie durch die Hintertür die Macht in diesem Lande übernimmt. Das darf nicht passieren!«

Haseloff, der seit 2016 eine Kenia-Koalition mit SPD und Grünen anführt, bewarb sich an einem historisch bedeutsamen Ort - im Golfpark Dessau konstituierte sich und tagte im Jahre 1990 der erste frei gewählte Landtag Sachsen-Anhalts - für eine dritte Spitzenkandidatur und damit auch für eine weitere Amtszeit als Regierungschef nach der Landtagswahl am 6. Juni. Seine Bewerbungsrede zeigte, wo er sich selbst sieht: in der politischen Mitte. Dass er sich gegen die Linke abgrenzt - klar. Bedeutsamer ist, dass er diese Grenzlinie seit jeher auch gegen die AfD zieht.

Dass manche CDU-Fraktionäre in Sachsen-Anhalt eher weniger Probleme mit den Rechtsradikalen haben, ist hinlänglich bekannt und zeigte sich jüngst beim Koalitionsstreit um den neuen Rundfunkstaatsvertrag, als Reiner Haseloff eine gemeinsame Abstimmung von CDU und AfD nur mühsam verhindern konnte. Es wurde gemunkelt, dass Teile der Fraktion nicht nur gegen die Erhöhung des Rundfunkbeitrages um 86 Cent, sondern auch gegen den Regierungschef selbst aufbegehrten. Umso erstaunlicher ist, dass Haseloff auf der Vertreterversammlung ein sehr starkes Ergebnis erzielte und knapp 95 Prozent der Delegiertenstimmen erhielt.

Die Gemüter scheinen also wieder beruhigt - doch nicht nur Haseloff, auch seine vermeintlichen Kritiker sind noch da. Auf Platz drei und vier der Landesliste wurden jene beiden Politiker gewählt, die einst eine viel diskutierte Denkschrift verfassten, in der sie forderten, »das Soziale mit dem Nationalen« zu versöhnen: Lars-Jörn Zimmer und Ulrich Thomas. Bemerkenswert war auch die Wahl zu Platz zwei, der ursprünglich für Holger Stahlknecht vorgesehen war - doch der nach einer umstrittenen Äußerung entlassene ehemalige Innenminister verzichtete darauf, unter der Voraussetzung, dass stattdessen eine Frau an diese Stelle platziert werden solle.

Nun steht also Sandra Hietel, bislang Pressesprecherin der Fraktion, direkt hinter Haseloff auf der Landesliste. Die CDU wird etwas weiblicher - denkt man. Insgesamt ist der Frauenanteil der Liste nach wie vor dürftig, unter den ersten 30 Bewerbern für den Landtag sind nur sechs Frauen. Diese Männerdominanz sorgte sogar für Kritik aus der Bundes-CDU: »Die Listenaufstellung zeigt, dass die bestehenden Verfahren unzureichend sind«, sagte die Bundesvorsitzende der Frauen-Union, Annette Widmann-Mauz, dem »Spiegel«. Eine verbindliche Geschlechterquote, wie sie beispielsweise bei Linken und Grünen praktiziert wird, gibt es bei der CDU bislang nicht. Widmann-Mauz warb indirekt für die Quote: »Wir brauchen klare und verbindliche Regelungen in der Satzung. Wollen wir attraktiver für Frauen werden, müssen wir festgefahrene Strukturen überwinden.«

Keine Veränderung gab es derweil an der Spitze der CDU-Landesliste für die Bundestagswahl am 26. September. Vizechefin Heike Brehmer erhielt 81 Prozent der Delegiertenstimmen und steht zum dritten Mal auf Platz eins. Die Kandidatin aus dem Wahlkreis Harz sitzt seit 2009 im Bundestag und ist Vorsitzende des dortigen Tourismusausschusses.

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