Verbohrte Autofreunde

Nicolas Šustr über die Reinickendorfer Blockade der Verkehrswende

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Reinickendorfer Verkehrsstadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) ist eine beinharte Kämpferin gegen alles, was ihr links erscheint. Das hatte sie schon im vergangenen Jahr bewiesen. Als » wenig durchdacht und vor allem ideologisch motiviert« wurden in einer Pressemitteilung der Stadträtin im Mai 2020 die Pop-up-Radwege bezeichnet. »Wir aber wollen in Reinickendorf nicht konfrontativ einzelne Verkehrsteilnehmer ausgrenzen«, so Schultze-Berndt. Damit meint sie übrigens die Autofahrer, denen bekanntermaßen viel mehr Platz eingeräumt wird, als ihr Anteil am Verkehr ist. Wenn sie könnte, würde Schultze-Berndt sicher am liebsten weitere Autobahnen bauen, um den Autoverkehr flüssiger zu bekommen. Dass mehr Straßen zu mehr Autos führen, dieser Einsicht verweigert sie sich genauso wie der Großteil der CDU, von FDP und AfD gar nicht zu sprechen. Auch SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey will eher freie Fahrt für ihre Wähler.

Das ist erstaunlich, propagieren diese Parteien doch das private Glück und verabscheuen die Gefahren des Großstadtlebens. Doch Autos sind der blinde Fleck. Da wird es lieber hingenommen, dass Anwohner von Nebenstraßen vom Durchgangsverkehr terrorisiert werden, Schulkinder, Radfahrer und ja, auch Senioren - die so wichtige CDU-Klientel - vermeidbar Lebensgefahren ausgesetzt werden wie im Reinickendorfer Waldseeviertel. Und zwar für eher überschaubare Vorteile von Pendlern aus Brandenburg.

Wahrscheinlich ahnt Schultze-Berndt, dass sie ansonsten den Bewohnern der Innenstadtbezirke recht geben müsste, die nicht mehr gewillt sind, dass für die Bequemlichkeit von Pendlern aus Umland und Außenbezirken ihre Wohngegend zur Blechwüste geworden ist. Umso leichter lamentiert es sich dann, dass Rot-Rot-Grün die Außenbezirke angeblich vergisst.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -