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Wird »nd« eine Genossenschaft?
nd-GmbH soll aufgelöst werden - Belegschaft von Redaktion und Verlag diskutiert über Gesellschafterbeschluss
Überschriften geben den Ton vor, ehe man einen Artikel liest. »Neues Deutschland: Aus zum Jahresende?« steht über einer Presseerklärung, die am Freitag vom Landesbezirk Berlin-Brandenburg der Gewerkschaft Verdi verbreitet wurde. »Linke Tageszeitung ›Neues Deutschland‹ soll aufgelöst werden«, titelte online das NDR-Medienmagazin »Zapp«. Wenig später hieß die Schlagzeile dann leicht variiert »Linker Tageszeitung ›Neues Deutschland‹ droht die Auflösung«. Die Nachrichtenagentur EPD überschrieb ihre Meldung »›Neues Deutschland‹ mit ungewisser Zukunft«.
Vier Überschriften, mehrere Lesarten. Was war passiert? Am Montagabend hatte nd-Geschäftsführer Matthias Schindler die Belegschaft darüber informiert, dass laut einem Gesellschafterbeschluss die nd-GmbH (mit vollem Titel Neues Deutschland Druckerei und Verlag GmbH), von der die Zeitung herausgegeben wird, zum Ende dieses Jahres aufgelöst werden soll. Vorher soll eine Genossenschaft gegründet werden, die die Zeitung übernehmen soll. Zuvor waren am Montag die Chefredaktion, die Verlagsleitung, der Betriebsrat und der Redaktionsrat informiert worden. Die Gesellschafter, das sind die Vermögensgesellschaft Fevac, über die die Linkspartei die Hälfte an der nd-GmbH hält, und zur anderen Hälfte die Beteiligungsgenossenschaft Communio, die von nd-Geschäftsführer Matthias Schindler als Vorstand vertreten wird. Dieser hatte bereits mehrfach erklärt, das Unternehmen zum Jahresende aus Altersgründen zu verlassen.
Seit der Mitteilung vom Montag laufen bei den Kolleginnen und Kollegen in Redaktion und Verlag des »nd« die Diskussionen, denn natürlich stellen sich viele Fragen, es gibt Informationsbedarf, Befürchtungen, Erwartungen. Für die Beschäftigten sei die Nachricht »ein Schock, kommt sie doch gänzlich ohne Vorwarnung«, heißt es in einem Flyer, der beim gerade stattfindenden Linke-Parteitag verteilt werden soll. Aus der Belegschaft habe es schon früher den Wunsch nach anderen Strukturen gegeben, auch die Genossenschaftsidee sei diskutiert worden. Viele sehen darin eine »Chance, die redaktionelle Unabhängigkeit zu stärken«; man wehre sich aber »gegen Versuche der Gesellschafter, sich kurzfristig aus der Verantwortung zu stehlen«. Erwartet werden von der Linken »echte Startchancen für ein mitarbeitergeführtes Medium«.
Die Gewerkschaft Verdi fordert in einer Presseerklärung, dass die zukünftige Genossenschaft tarifgebunden bleibt. Eine Genossenschaft dürfe keine Billiglösung sein. Verdi verweist auf Zeitungen, die bereits seit vielen Jahren von Genossenschaften herausgegeben werden. »Das kann klappen, wenn die Finanzen stimmen.« Die neu zu gründende Unternehmensstruktur »muss sich selbst tragen können, und der Weg dahin muss solidarisch, sozial und kooperativ ablaufen«, heißt es bei Verdi. Betriebsbedingte Kündigungen werden abgelehnt.
Ausdrücklich appelliert Verdi an die Verantwortung der Linkspartei als Miteigentümer. Mit großer Sorge betrachte man »die bis dato fehlende Kommunikation auf Seiten der Partei Die Linke gegenüber den Arbeitnehmervertretungen«. Die Linke müsse sich offen und transparent verhalten. Der Linke-Bundesschatzmeister Harald Wolf sagte der Nachrichtenagentur EPD, die Entscheidung für oder gegen eine Genossenschaft werde gemeinsam mit der nd-Belegschaft diskutiert. Der »Zeit« sagte er, die Interessen der Beschäftigten seien »ein zentrales Thema«. Wenn sich die Eigentümerstruktur der Zeitung verändere, bedeute das nicht die Auflösung des »nd«. »Wir sehen uns da in der Verantwortung.« Für eine künftige Genossenschaft müsse es eine finanzielle Starthilfe von den bisherigen Gesellschaftern geben, so Wolf.
Nach Ansicht des nd-Geschäftsführers Matthias Schindler ist die Gründung einer Genossenschaft »ein weiterer zwingender Schritt zu einer modernen, zukunftsfähigen linken Tageszeitung in adäquater Rechtsform«. Schindler erinnert an den Modernisierungsprozess der letzten Jahre in Redaktions- und Blattstruktur und bei der Entwicklung der digitalen Formate. Dieser Prozess sei nicht abgeschlossen, sondern müsse fortgesetzt werden.
Obwohl die PDS sich 1990 »klar und dauerhaft« aus jeder redaktionellen Einflussnahme beim vormaligen SED-Zentralorgan zurückgezogen habe, bestehe ein Widerspruch zwischen dem Selbstverständnis der redaktionellen Unabhängigkeit in der nd-Belegschaft und »einer gleichzeitigen gesellschaftsrechtlichen Bindung an eine Partei«. Insofern sei es mehr als 30 Jahre nach der Wende in der DDR eine Konsequenz von 1989/90, die Unabhängigkeit »endlich auch gesellschaftsrechtlich zu vollziehen«.
Über den Beschluss, eine nd-Genossenschaft zu gründen, wird in den nächsten Wochen weiter intensiv diskutiert. Wir werden über den Fortgang dieser Debatten zur Zukunft des »nd« informieren.
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