- Kommentare
- Schuldenbremse
Sondierungen: Der Billionentrick von Schwarz-Rot
Wolfgang Hübner über den Streit in Sachen Schuldenbremse und Grundgesetzänderung
Kaum einmal begann eine Wahlperiode in so unübersichtlicher Lage. Der alte Bundestag hat sich eigentlich verabschiedet, doch die Wahlsieger wollen die alte Mehrheit noch einmal für neue Beschlüsse bemühen. Die parlamentarische Extremgymnastik zeigt, dass es nicht um Peanuts geht: Gegenüber den in Rede stehenden 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur und nach oben offenen Beträgen für Rüstung – in der Summe und mittelfristig nähert sich das einer Billion – war das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr geradezu lächerlich. Es ist ein politischer Taschenspielertrick, diese folgenschwere Entscheidung noch in aller Hast mit der alten Parlamentsmehrheit durchzupeitschen, deren Stunden gezählt sind.
Jetzt rächt sich, dass Friedrich Merz und Markus Söder einen Großteil ihrer Wahlkampfenergie darauf verschwendet haben, auf die Grünen einzudreschen. Ihr Imponiergehabe zieht eine politische Farce nach sich, in der sie kurzsichtig bleiben: Denn wenn man die Grünen für die Zwei-Drittel-Mehrheit braucht, um die Schuldenbremse zu reformieren, muss man ihnen nicht nur in Stilfragen, sondern vor allem inhaltlich entgegenkommen. Insofern ist es konsequent, dass die Grünen sich nicht billig benutzen lassen.
Zumal viele Fragen offen sind. Nicht zuletzt die, ob das BSW im Zuge der Wahlprüfung doch noch über die fünf Prozent rutscht. Und was das dann für die Bildung einer Mehrheit bedeutet. So oder so: Auch für Die Linke werden die Zeiten nicht leichter. Gut möglich, dass sie im neuen Bundestag vor der Frage steht, zu welchen Bedingungen sie die Lockerung der Schuldenbremse ermöglichen. Und wie ein Nachjustieren ihrer Sicherheitspolitik aussehen soll, zu der sich eine Debatte anbahnt. Der Linken, im Moment noch die Gute-Laune-Partei, steht da ein Stresstest bevor.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.