Immerhin ein Angebot
STANDPUNKT: Wolfgang Hübner über den Entwurf des SPD-Wahlprogramms
Quizfrage: Welche Parteien könnten Forderungen wie Vermögensteuer, Tempolimit, zwölf Euro Mindestlohn, vollwertige Bezahlung für Leiharbeit und Schluss mit der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen im Bundestag durchsetzen? Genau: keinesfalls Union, FDP und AfD. Die genannten Ziele sind Kernpunkte aus dem Entwurf des SPD-Wahlprogramms. Sie lesen sich wie eine Blaupause für Rot-Rot-Grün - in welcher Kräftekonstellation auch immer.
Man kann diesen Entwurf als Kampfansage an eine weitere Fortsetzung der Großen Koalition verstehen. Als Angebot zur Vertreibung von CDU und CSU aus der Bundesregierung, wie es die neue Linke-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow formulierte. Ob es mehr darstellt als Wahlkampfyoga, ist längst nicht ausgemacht. Man erinnert sich beispielsweise an den Wahlkampf 2005, als die Union die Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent anheben wollte und die SPD dagegen wetterte. Doch dann kamen die Große Koalition und der Genosse Sachzwang - und die Mehrwertsteuer stieg sogar auf 19 Prozent.
Ob die sieben Monate bis zur Bundestagswahl tatsächlich die Restlaufzeit fürs unionsgeführte Regieren sind, hängt von vielen Faktoren ab. Beispielsweise von der Bereitschaft bei Grünen, SPD und Linkspartei, aufeinander zuzugehen. Davon, ob die Grünen eine Koalition mit der Union am Ende nicht machtpolitisch attraktiver finden. Und da ist von den deutlichen Differenzen zwischen den drei Parteien in der Außenpolitik noch gar nicht die Rede.
Zunächst aber brauchen Rot, Rot und Grün deutlich mehr Wählerzuspruch. Das kann gelingen, wenn sie der verbreiteten Ändert-sich-ja-doch-nichts-Stimmung etwas Glaubwürdiges entgegensetzen. Jede dieser Parteien für sich. Und alle drei gemeinsam.
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