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Ultimative Friedensgespräche
In der Türkei sollen Verhandlungen mit den Taliban stattfinden. Ein US-Truppenabzug droht weiterhin
US-Außenminister Antony Blinken hat dem afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani und dem Chef des dortigen Friedensrates Abdullah Abdullah ein Ultimatum gestellt. Man solle endlich »Führungsstärke« zeigen, damit »schnell« eine politische »Regelung« und ein »dauerhafter und umfassender Waffenstillstand« erreicht werde, um den Jahrzehnte dauernden Afghanistan-Krieg zu beenden.
Hintergrund des Blinken-Briefes, den das afghanische Nachrichtenportal »Tolonews« veröffentlichte ist, dass die unter Trump angebahnten innerafghanischen Gespräche in Katars Hauptstadt Doha kaum vorankommen. Seit September treffen sich dort Vertreter der Taliban mit denen der afghanischen Regierung und der Inlandsopposition. Mitte Dezember versandeten sie völlig, da beide Seiten seither gebannt in Richtung Washington starren, ob Präsident Joe Biden das US-Taliban-Abkommen vom Februar 2020 revidiert. Man kann davon ausgehen, dass ein ähnlicher Brief auch den afghanischen Taliban vorliegt.
Blinken kündigt in dem dreiseitigen Schreiben nach Kabul an, dass sich Washington an die UNO wenden werde, damit sie die Außenminister oder Sondergesandten aus Pakistan, Iran, China, Indien, Russland und den USA zu einem Treffen einlädt, »um ein einheitliches Herangehen« an den afghanischen Friedensprozess zu erarbeiten. Der US-Chefunterhändler für Afghanistan, Zalmay Khalilzad, übergebe den dortigen Verhandlern der Taliban und der Regierung Ideen, wie »Grundprinzipien« für Afghanistans künftige politische und Verfassungsordnung, ein Zeitplan hin zu einer »neuen, inklusiven Regierung« sowie Bedingungen für dem Waffenstillstand aussehen könnten. Auch werde man sich an die türkische Regierung wenden, »in den nächsten Wochen« ein »hochrangiges Treffen« der afghanischen Konfliktparteien auszurichten, um ein »Friedensabkommen abzuschließen«. Die genannten Nachbar-, Regional- und Globalmächte sollen dort als Garanten auftreten. Ohne ihren Beginn genau zu terminieren, schlägt Blinken eine 90-tägige »Reduzierung der Gewalt« vor, die den neuen Friedensansatz begleiten soll. Dieser Plan war unter der Bezeichnung »nach Bonner Muster«, also in Anlehnung an die Bonner Afghanistan-Konferenz 2001 nach dem Sturz der Taliban, bereits zuvor in die Medien durchgesickert. In der Türkei bestätigte ein Außenpolitiker der Erdogan-Partei die Anfrage. In afghanischen Medien kursieren Gerüchte, das Treffen könne am 27. oder 28. März beginnen. Unterdessen lud auch Russlands Regierung Vertreter der afghanischen Parteien nach Moskau ein. Aus Kabul hieß es, dies diene in Abstimmung mit Washington dazu, beide Seiten von neuen Gesprächen zu überzeugen. Natürlich arbeitet Moskau auch daran, in Afghanistan wieder Einfluss zu erlangen.
Laut Blinken intendiere Washington nicht, »den Parteien Bedingungen zu diktieren.« Dennoch gib es Druck: Man halte sich in Bezug auf seine noch 2500 Soldaten in Afghanistan »alle Optionen« offen, einschließlich eines Abzugs bis zum 1. Mai, wie mit den Taliban im Februar 2020 vereinbart. Blinken geht sogar so weit, Ghani und Abdullah zu drohen, dass ohne Truppen und selbst bei weiterlaufender US-Finanzhilfe die Taliban wohl »schnelle Flächengewinne« erzielen würden, und so anzudeuten, dass beide dadurch weiter politisch marginalisiert werden könnte. Was die USA den Taliban androhen - oder versprechen -, damit sie beim »Bonn 2« in Ankara oder Istanbul mitmachen, ist bisher nicht bekannt.
Auch wenn viele Afghan*innen ein schnelles Ende des Blutvergießens herbeisehnen, birgt der Blinken-Plan Gefahren. Die Bonn-Konferenz 2001 endete nicht mit einem Friedens- sondern einem Machtteilungsbeschluss - zwischen Fraktionen, die sich nicht bekämpften. Sollten die Taliban nicht über ihren Schatten springen und einer Anwesenheit ausländischer Truppen zur Überwachung eines Abkommens zustimmen, steht in Frage, ob es überhaupt eines geben wird. Bei einer nur politischen Überwachung könnten beide Seiten, die bis an die Zähne bewaffnet sind, schnell versucht sein, die Machtteilung doch auszukämpfen. Dann käme es darauf an, ob die Garantiemächte tatsächlich etwas unternehmen. Angesichts der zahlreichen Spannungen zwischen Pakistan und Indien, Iran und Pakistan, den USA und Iran sowie im globalen Machtdreieck USA-Russland-China könnte das schwierig werden. Vor allem ist das Problem, dass statt Afghanistans Realitäten wieder einmal der US-Zeitplan den Friedensprozess bestimmt. Dort will man die Verantwortung für Afghanistan nun hinter sich lassen, mit unsicherem Ausgang.
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