»Bild«-Chefredakteur vorübergehend freigestellt

Bei Verfahren soll es um den Vorwurf des Machtmissbrauchs und der Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen gehen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. »Bild«-Chefredakteur Julian Reichelt (40) ist nach Vorwürfen des Machtmissbrauchs und der Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen vorübergehend freigestellt worden. »Um eine ungestörte Aufklärung sicherzustellen und die Arbeit der Redaktion nicht weiter zu belasten, hat er den Vorstand darum gebeten, bis zur Klärung der Vorwürfe befristet von seinen Funktionen freigestellt zu werden. Die Freistellung ist inzwischen erfolgt«, teilte der Medienkonzern Axel Springer am Samstagabend in Berlin mit. Reichelt weist die Vorwürfe zurück, das Unternehmen hat ein Compliance-Verfahren zur Prüfung eingeleitet.

Die Untersuchung sei noch nicht abgeschlossen, erklärte Springer. »Hierbei wird ergebnisoffen in alle Richtungen recherchiert und die Glaubwürdigkeit und Integrität aller Beteiligten bewertet.« Das Unternehmen werde derzeit keine weiteren Angaben zum Verfahren und zum Gegenstand der Vorwürfe machen. Die Führung der Redaktion übernimmt vorübergehend Alexandra Würzbach, Chefredakteurin »Bild am Sonntag«.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Der TV-Satiriker Jan Böhmermann hatte am 5. März im »ZDF Magazin Royale« Andeutungen auf ein internes Verfahren gegen den »Bild«-Chef gemacht. Der »Spiegel« berichtete daraufhin am 8. März, dass rund ein halbes Dutzend Mitarbeiterinnen dem Medienhaus Vorfälle aus den vergangenen Jahren angezeigt habe. In einem Intranet-Eintrag bestätigte Springer am Tag darauf die Compliance-Untersuchung zur Prüfung der Vorwürfe. Medienberichten zufolge hat der Konzern dafür die Kanzlei Freshfields beauftragt. Der Abschlussbericht wird in dieser Woche erwartet.

»Wenn aus Gerüchten über andere Personen konkrete Hinweise von Betroffenen selbst werden, beginnt das Unternehmen - wie im aktuellen Fall - sofort mit der Aufklärungsarbeit«, heißt es in der Springer-Erklärung vom Samstag. »Wenn aus Hinweisen Beweise werden, handelt der Vorstand. Diese Beweise gibt es bisher nicht. Auf Basis von Gerüchten Vorverurteilungen vorzunehmen, ist in der Unternehmenskultur von Axel Springer undenkbar.«

Reichelt machte von 2002 bis 2003 eine Ausbildung an der Springer-Journalistenschule und absolvierte ein Volontariat bei »Bild«. Ab 2004 arbeitete er im Nachrichten-Ressort der Boulevardzeitung und profilierte sich als Reporter und Kriegsberichterstatter. 2007 wurde er Chefreporter, 2014 wurde er Chefredakteur von »Bild Digital«. 2017 wurde Reichelt als Nachfolger des ausscheidenden Herausgebers Kai Diekmann Vorsitzender der »Bild«-Chefredaktionen, 2018 übernahm er zusätzlich die »Bild«-Print-Chefredaktion von Tanit Koch, die den Posten aufgab. epd/nd

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