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  • Nach dem Putsch in Myanmar

Die Junta in Myanmar verliert alle Hemmungen

Dutzende Tote durch Polizei und Militär allein am Wochenende / UN verurteilt exzessive Gewalt

  • Lesedauer: 4 Min.

Yangon. Zehntausende Menschen haben in Myanmar Augenzeugen zufolge auch am Wochenende gegen den Militärputsch protestiert. Mindestens 38 Demonstranten wurden dabei in dem südostasiatischen Land von Militär und Polizei allein am Sonntag getötet, teilte die Gefangenenhilfsorganisation AAPP mit. Die meisten Opfer gab es lokalen Medienberichten zufolge in der ehemaligen Hauptstadt Yangon (früher: Rangun). Es werde befürchtet, dass die Zahl noch sehr viel höher sein könnte. »Die Zahl der Todesfälle steigt drastisch«, schrieb AAPP mit Blick auf das immer härtere Durchgreifen der Einsatzkräfte.

Mindestens 126 Demonstranten seien seit dem Putsch von Anfang Februar bereits getötet worden, schätzte die Organisation. Mehr als 2100 Menschen seien zumindest vorübergehend festgenommen worden, rund 1800 von ihnen säßen noch immer in Haft. Dazu gehören etwa Politiker, Aktivisten und Journalisten.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Amnesty International (AI) verurteilte die zunehmenden Repressionsmaßnahmen gegen Pressevertreter. Die Deutsche Botschaft forderte umgehenden Zugang zu dem festgenommenen polnischen Journalisten Robert Bociaga, der in Myanmar auch für die Deutsche Presse-Agentur arbeitet.

Im früheren Birma hatte sich das Militär am 1. Februar an die Macht geputscht und die bisherige faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi entmachtet sowie festgesetzt. Seitdem gibt es immer wieder Massenproteste. Polizei und Armee reagieren zunehmend mit Gewalt.

Auch Journalisten geraten immer öfter ins Visier. Einheimische Reporter müssten sich teilweise vor Verfolgung verstecken und inzwischen würden zunehmend auch ausländische Medienvertreter an ihrer Arbeit gehindert und verfolgt, sagte der AI-Deutschlandchef Markus Beeko der dpa. Die Verhaftung Bociagas »passt in dieses Bild und ist aufs Schärfste zu verurteilen«.

Der Reporter war am Donnerstag Medienberichten zufolge in Taunggyi von Einsatzkräften festgenommen worden. Der 30-Jährige soll dabei auch geschlagen worden sein. Die deutsche Botschaft in Myanmar, die dort auch für Polen die Interessen polnischer Staatsbürger vertritt, bemüht sich um Zugang zu dem Reporter, dessen Aufenthaltsort unbekannt ist. Sie rief die Behörden am Samstag zu einer »fairen und menschlichen Behandlung« Bociagas auf.

Alleine Tausende Demonstranten kamen einem Augenzeugen zufolge am Sonntag in der Gemeinde Hlaing Thar Yar im Westen von Yangon zusammen. Mindestens 15 wurden dort getötet, als Sicherheitskräfte die Proteste zerschlagen wollten, wie die Nachrichtenagentur Myanmar Now unter Berufung auf Krankenhausquellen und Rettungsdienste berichtete. Mindestens weitere fünf Menschen starben anderen Berichten zufolge in anderen Stadtteilen Yangons. »Wir protestieren gegen das Militär und stellen uns diesem brutalen Durchgreifen«, sagte der Anwohner Nay Ko Lin der dpa. »Die vielen Tausend Demonstranten in unseren Gemeinden heute zeigen, dass wir Ungerechtigkeit nicht akzeptieren und Gerechtigkeit wollen.«

In Bago nordöstlich Yangons sei zudem ein Demonstrant am Sonntag erschossen worden, berichtete ein anderer Augenzeuge der dpa. Ein weiterer kam in Hpakant im nördlichen Staat Kachin ums Leben. Mindestens elf weitere Demonstranten waren zwischen Freitagabend und Samstag getötet worden, darunter in Yangon, Mandalay oder Pyay. Dutzende wurden Augenzeugen zufolge über das Wochenende schwer verletzt. Die Zahl der Toten werde deshalb wohl noch steigen, hieß es.

Mahn Win Khaing Than, ein Politiker der bisher regierenden Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Suu Kyi, wandte sich am Samstag erstmals als Chef einer neugegründeten Gruppe vom Militär abgesetzter Politiker an die Öffentlichkeit. Auf Facebook schwor er, die »Revolution« weiterzuführen. »Dies ist der dunkelste Moment unserer Nation und der Augenblick, in dem die Morgendämmerung naht«, erklärte er unter anderem.

Der Sender BBC berichtete, er und andere NLD-Politiker seien einer Festnahme entkommen und hätten im Untergrund eine Art zivile Gegenregierung gegründet. Mahn Win Khaing Than sei zum kommissarischen Leiter ernannt worden. Die Gruppe versuche nun, auf internationaler Ebene als rechtmäßige Regierung Myanmars anerkannt zu werden.

UN-Gesandte fordert internationale Rückendeckung für Demonstranten

Die Vereinten Nationen haben die jüngste Gewalt gegen Demonstrantenscharf verurteilt und mehr internationale Unterstützung für die Protestierenden verlangt. »Die internationale Gemeinschaft inklusive der regionalen Akteure muss zusammenstehen in Solidarität mit den Menschen in Myanmar und ihrem Streben nach Demokratie«, erklärte am Sonntag die UN-Sondergesandte für das südostasiatische Land, Christine Schraner Burgener.

Statt der Militärjunta in Myanmar mit wirtschaftlichen Folgen zu drohen, sollte der Westen die aktuellen Protestbewegungen unterstützen, meint Felix Girke.

Schraner Burgener verurteilte das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte. »Die anhaltende Brutalität auch gegen medizinisches Personal und die Zerstörung öffentlicher Infrastruktur untergraben die Aussicht auf Frieden und Stabilität.« Die UN-Sondergesandte sprach von »herzzerreißenden Berichten von Tötungen, Misshandlungen von Demonstranten und Folter von Gefangenen«, die ihr von Kontaktpersonen in Myanmar übermittelt worden seien. Agenturen/nd

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