Laute Ruhe

Trainerdebatte beim FC Bayern vor dem Achtelfinalrückspiel gegen Lazio Rom

  • Maik Rosner, München
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Blick in die Münchner Boulevardzeitungen dürfte Karl-Heinz Rummenigge am Dienstag kaum gefallen haben. Statt das Ende der Debatte um die Zukunft von Hansi Flick konnte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern deren unverminderte Fortsetzung erblicken. Auch die Tonalität der Artikel deutete eher nicht darauf hin, dass Rummenigge mit seinem Machtwort vom Montag sein Ziel erreicht hat, die Spekulationen um Flick als heißesten Nachfolgekandidaten von Bundestrainer Joachim Löw zu beenden. Und auch Flick behielt am Dienstagnachmittag seine auffallend ausweichende Linie bei den Fragen zu seiner Zukunft bei. »Bei mir hat sich nichts geändert. Ich habe alles gesagt, was ich zu sagen habe«, antwortete er auf die Frage nach Rummenigges Wortmeldung vor dem Achtelfinalrückspiel in der Champions League gegen Lazio Rom an diesem Mittwoch. Künftig, ergänzte Flick, wolle er sich zu dem Thema gar nicht mehr äußern.

Rummenigge hatte tags zuvor versucht, der Debatte den Nährboden zu entziehen. »Wir wären ja verrückt, wenn wir jetzt unseren Trainer vorzeitig gehen lassen würden«, hatte er gesagt und auch Flick daran erinnert, dass jede vertragliche Vereinbarung »sowohl Rechte als auch Pflichten« beinhalte. Dessen Arbeitspapier beim FC Bayern läuft noch bis zum 30. Juni 2023. Und Rummenigge hat in seinen letzten Monaten als Klubchef bis zum Jahresende kein Interesse daran, den Erfolgscoach nach den sechs Titelgewinnen in der vergangenen Saison im Sommer ziehen zu lassen. Dass die Münchner bei dem Thema nicht ganz so entspannt sind, wie sie auch in Person von Rummenigges baldigem Nachfolger Oliver Kahn vorgeben, zeigte die Unterredung des noch amtierenden Klubchefs zum Thema Flick mit dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Fritz Keller. »Ich finde den Entschluss des DFB seriös und korrekt, keinen Trainer zu kontaktieren, der vertraglich über den 30. Juni 2021 hinaus gebunden ist«, sagte Rummenigge dazu und dankte Keller für das »offene Gespräch«.

Dass der Münchner Vorstandschef seine Sichtweise von der Deutschen Presse-Agentur verbreiten ließ, deutete das Motiv an, sein Machtwort in der Bundestrainerfrage möglichst breitflächig unter die Leute zu bringen. Doch die Debatte um Flicks möglichen Abschied dürfte sich wohl allein schon wegen dessen Differenzen mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic nicht so schnell beenden lassen. Damit dürfte der Münchner Trainer auch weiterhin als potenzieller Nachfolger von Löw gehandelt werden, zumal Flick am Dienstag wieder betont ausweichend auf die Bundestrainerfrage geantwortet hat. In der »Abendzeitung« war schon zuvor »Bayerns Notfallplan« zu lesen, bebildert mit den Fotos von acht mehr oder weniger realistischen Nachfolgekandidaten für Flick. Darunter befand sich selbstredend auch RB Leipzigs Fußballlehrer Julian Nagelsmann, den Salihamidzic bereits kontaktiert haben soll. Die »Bild« beschrieb derweil das Verhältnis zwischen Flick und Salihamidzic als »zerrüttet«, beide seien »zwei wie Dynamit und Zündholz«, weshalb Flicks Abschied nach dieser Saison auch ohne Anschlussjob bei der deutschen Nationalmannschaft denkbar sei.

Derweil könnte zumindest eine andere Debatte vorerst etwas beruhigt werden vor der wichtigsten Saisonphase mit den Titelentscheidungen in der Bundesliga und der Champions League. Ersatztorwart Alexander Nübel könnte Stammkeeper Manuel Neuer gegen Lazio vertreten und zu seinem dritten Einsatz kommen. Anbieten würde sich das auch deshalb, weil die Bayern das Viertelfinale nach dem 4:1-Sieg im Hinspiel in Rom schon fast erreicht haben. Neuer hatte, ebenso wie Kingsley Coman mit muskulären Problemen, im Abschlusstraining gefehlt. Der Kapitän sei »etwas erkältet«, sagte Flick und ergänzte zur Frage, ob er Kenntnis von den Nübel angeblich vertraglich zugesicherten zehn Saisoneinsätzen habe: »Nein. Ich kenne die Verträge der Spieler nicht.« In die Aufstellung, betonte Flick, »lasse ich mir auch nicht reinreden«.

Der »kicker« hatte zuvor erneut vom Interesse der AS Monaco mit Trainer Niko Kovac berichtet, Nübel auszuleihen. Zudem hieß es, der Torwart könnte seinen Fünfjahresvertrag beim FC Bayern sogar kündigen, sofern ihm die bei seinem Wechsel vom FC Schalke im vergangenen Sommer angeblich vertraglich zugesicherten zehn Pflichtspieleinsätze nicht gewährt werden sollten. Nübels Berater hatte zuletzt bereits Druck gemacht, indem er öffentlich auf eine Veränderung nach dieser Saison drängte. Nübel selbst schweigt, ähnlich Flick. Es ist gerade gewissermaßen eine laute Ruhe beim FC Bayern, allem voran wegen der Trainerfrage. Für die Fragen zu seiner Zukunft, sagte Flick übrigens, habe er »Verständnis«.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.