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Drohnenmacht Deutschland

Studie warnt vor neuer Hochrüstung mit autonomen Systemen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Welt im Jahr 2034: An einem Tag Mitte März patrouilliert der US-Lenkwaffenzerstörer »USS John Paul Jones« unter dem Kommando von Navy Commander Sarah Hunt im Südchinesischen Meer. Die Besatzung macht einen brennenden Fischkutter aus. Tausende Kilometer entfernt testet Major Chris Mitchell mit seiner F35E über der Straße von Hormus eine neue Tarnkappentechnologie. Am Ende dieses Tages werden der Pilot, ein Gefangener des Iran und Sarah Hunts Zerstörer auf dem Grunde des Meeres liegen, denn: Iran und China haben ihre Cyberfähigkeiten gekoppelt, um ein für alle Mal die strategische Überlegenheit des US-Militärs zu beenden.

Derlei düstere Zukunftspanoramen finden sich in dem soeben erschienenen Buch »2034: A Novel of the Next World War«. Elliot Ackerman, ein Ex-Navy-Offizier, und sein Koautor James Stavridis wissen, wovon sie schreiben. Letzterer war unlängst noch einer der höchsten US-Admirale und Chef des US-Europa-Kommandos.

»Wenn Sie glauben, dass künftige Kriege wie die der Vergangenheit geführt werden, in denen die Raffinesse und die Anzahl unserer Schiffe, Flugzeuge und Panzer der wesentliche Maßstab für Dominanz sind, dann sind die Vereinigten Staaten weiterhin in einer beneidenswerten Position«, schreibt Stavridis. Doch dem sei nicht so, denn die Entwicklung autonomer Waffensysteme wie luft- und seegestützte Drohnen in Verbindung mit Hyperschallraketen könnte die aktuellen Kräfteverhältnisse verschieben. Stavridis prognostiziert eine Menge von Militärflugzeugen und Marineschiffen, »wie wir es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt haben« - allerdings »vollständig unbemannt«. Der Admiral a. D. beschwört gar ein »Pearl Harbour« des Cyberkriegs. Für ihn ist deshalb klar: Die USA müssen besser und schneller sein als der Rest der Welt.

In Deutschland werden solche Forderungen bislang nur hinter verschlossenen Türen ausgesprochen. Offiziell geht es in den Debatten hierzulande seit Jahren nur darum, ob und womit ein paar in Israel geleaste Drohnen bewaffnet werden sollen. Die Bundeswehr, die bislang nur unbewaffnete Aufklärungsdrohnen einsetzt, bestreitet, bewaffnete Drohnen zur gezielten Tötung von Menschen einsetzen zu wollen. Schließlich unterstehe man nicht der CIA, beteuert man. Bewaffnete Systeme, heißt es, sollten allein dem Schutz der Soldaten in Auslandseinsätzen dienen.

Für die seien unbemannte Flugmaschinen, die Raketen verschießen und Bomben ausklinken können, »überlebenswichtig«, sagt der einstige Bundeswehr-Generalinspekteur und Chef des Nato-Militärausschusses, Harald Kujat. Autonome Waffensysteme stünden gar nicht zur Debatte. Kujat ist bislang nicht als Hitzkopf aufgefallen, und glaubt man dem Parlamentarischen Verteidigungsstaatssekretär Thomas Silberhorn, dann steht einer Bewaffnung auch aus Sicht des Völker- und des Verfassungsrechts nichts entgegen. Silberhorn versichert, die Entscheidung zum Einsatz erfolge in einem mehrstufigen, zuvor für den konkreten Einsatz klar festgelegten Verfahren. Das unterliege den Grenzen, die der Bundestag durch Einsatzauftrag und -gebiet sowie die einzusetzenden Fähigkeiten mandatiert habe.

Bürgerrechtler und Friedensaktivisten dagegen sehen die Gefahr, dass die Drohnenbewaffnung den Beginn einer neuen Rüstungsspirale markieren könnte. Die Linkspartei spricht sich daher gegen die Beschaffung zu bewaffnender Drohnen aus. Leichtes Zögern spürt man noch bei einigen Grünen. Die SPD will sich - nachdem in der Großen Koalition alle Signale schon auf Grün gestanden hatten - abermals und »in angemessener Weise« mit dem Thema befassen. Damit ist es vom Tisch, zumindest für diese, im September endende Legislaturperiode.

Eine Studie, die die Rosa-Luxemburg-Stiftung Ende vergangener Woche veröffentlichte, beleuchtet die Hintergründe der Drohnenbewaffnungspläne. Autor Matthias Monroy - er ist Mitarbeiter des Linke-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko - zeigt höchst vielschichtig, »wohin die Reise geht« und wie etwa der Airbus-Konzern systematisch aufgebaut wird, um für die Bundeswehr und andere Nato-Alliierte Kampfwerkzeuge der Zukunft zu konstruieren.

Die Entwicklung und Einführung bewaffnungsfähiger Drohnen ist, schreibt Monroy, Teil einer allgemeinen, besorgniserregenden Entwicklung der Automatisierung und Roboterisierung des organisierten Mordens, bei dem künstliche Intelligenz hilft, alle derzeit noch bestehenden moralischen Hürden zu überwinden. Dass solche Warnungen mehr als berechtigt sind, macht der kriegerische Ton von Publikationen wie jener des US-Militärs Stavridis deutlich: »Wenn wir es richtig anpacken, wird ein neuer strategischer Dreiklang aus Cyber-Offensiven, Elitetruppen und unbemannten Fahrzeugen Kampfzonen von weit unter der Meeresoberfläche bis zu Satellitenkonstellationen hoch über der Erde abdecken«, schildert der seine Vision von unserer Welt im Jahr 2034.

Die Studie von Matthias Monroy ist nachzulesen unter www.rosalux.de/publikation/id/43899

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