Mietrecht war ein Fall für den BGH
Klage gescheitert
Es sei nicht rechtsmissbräuchlich, dass das Unternehmen den Mieterinnen und Mietern einer großen Wohnanlage nur wenige Tage vor Inkrafttreten von neuem Recht noch mit weitem Vorlauf Modernisierungen angekündigt habe, urteilte der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 305/19) am 18. März 2021. Einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Ankündigung der Arbeiten und deren Beginn verlange das Gesetz nicht.
So können die Mieten im Hohenzollernkarree im Münchner Stadtteil Schwabing deutlich stärker angehoben werden, als es heute möglich wäre. Seit Anfang 2019 dürfen jährlich nur noch acht Prozent der Kosten für die Modernisierung auf die Mieter umgelegt werden, nicht mehr elf. Außerdem hat der Gesetzgeber eine Obergrenze eingezogen.
Für die Mieter ist das Urteil ein Rückschlag: Das Oberlandesgericht München hatte 2019 in erster Instanz zu ihren Gunsten entschieden. Dagegen hatte das Immobilien-Unternehmen Revision eingelegt. Die erste Musterfeststellungsklage im deutschen Mietrecht ist damit gescheitert.
Der Eigentümer der Wohnanlage in München-Schwabing hatte die drastische Mieterhöhung für mehr als 130 Mieter mit einer Modernisierung begründet, die kurz vor Jahresende 2018 angekündigt wurde, aber erst zwei Jahre später umgesetzt werden sollte.
Seit 2019 gilt neues Recht, wonach nur noch ein geringerer Teil der Modernisierungskosten auf Mieter umgelegt werden darf. Nach Ansicht des Münchner Mietervereins ging es dem Immobilien-Unternehmen darum, »gerade noch altes Recht abgreifen« zu können.
Nach Angaben des Mietervereins macht die Frage, ob neues oder altes Recht angewendet wird, einen großen Unterschied: »Ein betroffenes Ehepaar hätte nach altem Recht 729 Euro mehr an Miete pro Monat bezahlen müssen. Nach neuem Recht erhöht sich die Miete um maximal rund 230 Euro im Monat«, teilte der Mieterverein mit.
Die Möglichkeit einer Musterfeststellungsklage gibt es in Deutschland erst seit November 2018. Seither kann ein Verband stellvertretend für Verbraucher zum Beispiel gegen ein Unternehmen vor Gericht ziehen. Die Verbraucherklage soll es ihnen leichter machen, an Schadenersatz zu kommen. Das Risiko übernimmt der klagende Verband.dpa/nd
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