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NS-Verfolgte und Nachkommen sollen leichter deutschen Pass erhalten
Gesetzliche Neuregelung soll künftig nicht nur Fälle nach einer offiziellen Ausbürgerung durch den NS-Staat erfassen
Berlin. Die Bundesregierung will für die Einbürgerung bisher benachteiligter früherer NS-Verfolgter und deren Nachkommen einen gesetzlichen Rahmen schaffen. Das dafür vorgesehene Vierte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes hat das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin beschlossen. »Das ist keine bloße Wiedergutmachung, sondern Entschuldigung in tiefer Scham«, betonte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).
Einen gesetzlichen Anspruch auf Einbürgerung sollen demnach Verfolgte des NS-Regimes und ihre Nachkommen erhalten, die zuvor keinen Anspruch nach Artikel 116 des Grundgesetzes hatten. Der Grundgesetz-Artikel sieht zwar eine Einbürgerung in Deutschland vor, wenn den Betroffenen ihre Staatsangehörigkeit zwischen 1933 und 1945 aus »politischen, rassischen oder religiösen Gründen« entzogen wurde - doch in vielen Fällen wurden sie nicht formal ausgebürgert, sondern sie verloren die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Annahme eines anderen Passes.
»Es ist eine Geste des Anstands, wenn ihnen und ihren Nachkommen rechtliche Möglichkeiten eröffnet werden, um die deutsche Staatsangehörigkeit wieder zu erlangen«, betonte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Dass NS-Verfolgte und deren Kinder oder Enkel die deutsche Staatsangehörigkeit erlangen möchten, ist nach Schusters Einschätzung ein großer Vertrauensbeweis. »Dem kommt Deutschland mit der gesetzlichen Neuregelung nun entgegen.«
Zwei Erlasse des Innenministerium aus dem Jahr 2019 regelten bisher, dass NS-Verfolgte und ihre Nachfahren leichter einen deutschen Pass bekommen. Vertreter von Betroffeneninitiativen forderten seitdem, dass eine echte Lösung des Problems nur eine Gesetzesänderung sein könne.
»Wir begrüßen die Kehrtwende der Bundesregierung in der letzten Schlaufe der Legislaturperiode ausdrücklich«, sagte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte die Erlasse 2019 als »unzureichend«. Die vom Bundeskabinett verabschiedete gesetzliche Lösung sei eine »historisch angemessene«. dpa/nd
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