Neue Schulden in der Krise

Das Bundeskabinett beschließt eine weitere Finanzspritze für 2021 und legt einen nicht ausgeglichenen Haushalt für 2022 vor

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Eckpunkte für den Haushalt 2022 und den Entwurf eines Nachtragshaushalts für 2021 beschlossen. Vorgesehen sind für das kommende Jahr weniger neue Schulden; sie sollen 81,5 Milliarden Euro betragen, wie Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) erklärte. Darüber hinaus hat das Kabinett einen Finanzplan für die Jahre bis 2025 beschlossen, der eine schrittweise Reduzierung der Neuverschuldung vorsieht.

Für das laufende Jahr sieht der von Scholz vorgelegte Nachtragshaushalt eine weitere Schuldenaufnahme in Höhe von 60,4 Milliarden Euro vor. Die Neuverschuldung für 2021 summiert sich damit auf 240,2 Milliarden Euro. Zu Buche schlagen vor allem die staatlichen Coronahilfen sowie die ausfallenden Einnahmen aufgrund der Pandemie.

Die Nettokreditaufnahme beträgt nach Angaben des Finanzministers für 2021 und 2022 zusammen gut 320 Milliarden Euro. Bereits im vorigen Jahr hat der Bund Kredite in Höhe von 130,5 Milliarden Euro aufnehmen müssen. Die Neuverschuldung des Bundes summiert sich damit in den drei von der Coronakrise geprägten Jahren auf rund 450 Milliarden Euro.

Scholz betonte mit Blick auf die neuen Schulden, dass die Kreditaufnahme für 2021 und 2022 um 27 Milliarden Euro unter der zwischenzeitlich angenommenen Summe liege. Zudem hätten sich Ausgaben aus dem Jahr 2020 in das Jahr 2021 verlagert.

Trotz der Rekordverschuldung blieb der Finanzminister zuversichtlich. »Mit guter Finanzpolitik halten wir wirksam gegen die Krise«, erklärte Scholz. Die »erfolgreiche Hilfspolitik der Regierung« werde entschlossen fortgesetzt. Zudem würden die nötigen Mittel in die Hand genommen, »um die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen der Pandemie zu bewältigen«. Zugleich enthalte die Haushaltsplanung Weichenstellungen - künftig solle es Rekordinvestitionen für Klimaschutz und Digitalisierung geben.

Für die hohe Neuverschuldung im kommenden Jahr ist erneut eine Ausnahmeregelung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse erforderlich. Darüber muss der Bundestag wie in den Vorjahren auch gesondert entscheiden.

Erst ab 2023 plant die Bundesregierung wieder mit einer Einhaltung der Schuldenbremse. Allerdings muss der Bund dafür vorhandene Rücklagen in Höhe von 48,2 Milliarden auflösen; diese Mittel waren ursprünglich einmal für Flüchtlingskosten vorgesehen. Lücken im Haushalt soll es auch für die Jahre ab 2024 geben. Scholz nannte diese aber »überschaubar und bewältigbar«. Allerdings werde dies »nur mit einem gerechteren und fairen Steuersystem gehen«, betonte der Finanzminister.

Erwartungsgemäß übte die Opposition Kritik an den Haushaltsplänen. Mehr Investitionen in die Zukunft verlangte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler. Er warf der Bundesregierung vor, den Status quo nur »lustlos zu verwalten«. Mit dem Haushalt werde die Chance verspielt, »ökonomisch nach Corona international wieder Anschluss zurückzugewinnen«. Notwendig sei es, einen großen Investitionsfonds über zehn Jahre aufzulegen und die Schuldenbremse durch eine Investitionsregel zu ergänzen, um Nettoinvestitionen zukünftig über Kredite zu finanzieren.

Eine unsoziale Verteilung der Coronahilfen kritisierte dagegen die Linke-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch. »Milliardäre wurden gerettet und Menschen im Niedriglohnsektor fallen durch das soziale Netz. Dieser unsoziale Kurs muss korrigiert werden«, so Lötzsch. Sie forderte wie ihre Partei zuletzt häufiger eine Vermögensabgabe für Milliardäre. Außerdem sprach sie von einem »unehrlichen Haushaltsentwurf«, weil die Bundesregierung die Menschen im Unklaren darüber lasse, wer für die Kosten nach der Bundestagswahl im September aufkommen soll. »Der Finanzminister spielt mit gezinkten Karten. Wir wollen vor der Wahl wissen, wer die Pandemierechnung bezahlen soll«, erklärte sie.

Scharfe Kritik an den Zahlen übte auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner. Der Finanzminister betätige sich einmal mehr als Wahlkämpfer für die SPD. Beim Schuldenmachen gibt es für ihn offenbar kein Halten mehr. Vorhandene Rücklagen wolle er dagegen nicht anfassen, »vermutlich, weil er Spielraum für Wahlgeschenke als Kanzlerkandidat behalten will«, spekuliert Lindner.

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