Sorgen an den Schanzen

Die Skispringer stehen vor ihrem letzten Weltcupwochenende - und vor großen Problemen in der Zukunft

  • Patrick Reichardt und Thomas Eßer, Planica
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Motto für den nächsten Corona-Sommer hat Markus Eisenbichler schon ausgegeben. Der Skispringer will »nicht immer alles negativ sehen« und das Beste aus der Situation machen. Wenn das Flugwochenende mit gleich vier Wettbewerben auf der Riesenanlage im slowenischen Planica vorbei ist, werden er und seine Kollegen mit Blick auf den ersten bewältigten Pandemie-Winer kräftig durchschnaufen.

Die Unwägbarkeiten rund um die Schanzen hören mit der langen Sommerpause aber nicht auf, im Gegenteil. Große Nachwuchsprobleme, von Jahr zu Jahr weniger konkurrenzfähige Nationen und immer kürzere und zugleich wärmere Winter: Das sind grob umrissen die Zukunftssorgen der Skispringer, die nach einem extrem vollgepackten Winter ohne Publikum ausgezehrt wirken.

Untypische Orte

Und dann gibt es noch Olympia, das nächstes Jahr in Peking stattfinden soll. »Mir wäre es natürlich lieber, wenn Olympia an Orten stattfinden würde, wo der Wintersport Tradition hat. Aber ich kann da nichts ändern. Jetzt haben wir es in Peking, so ist es halt«, meint Eisenbichler. Der 29 Jahre alte Ur-Bayer, der sich in diesem Winter mit zweimal Gold zu Deutschlands erfolgreichstem WM-Flieger der Geschichte krönte, will sich erst nach seiner Karriere detaillierter Gedanken machen, wie das mit dem Wintersport weitergeht und welche Zukunft Winterspiele mit riesigen Kosten an untypischen Orten noch haben. »Man kann immer viel sagen, aber ob man damit jemand erreicht?«, fragt Eisenbichler kritisch. Für ihn wären Olympische Winterspiele auch in mehreren Ländern denkbar, zum Beispiel in Deutschland und Österreich, »wo die Wege kurz sind und wo schon ziemlich viel Anlagen stehen«.

Doch das ist nicht das einzige, was das Skispringen in Deutschland belastet. Neben der Corona-Situation spielen auch die klimatischen Veränderungen eine sehr große Rolle. Martin Schmitt, Talentscout in Deutschland, befürchtet schwere Zeiten. Es liege nicht nur daran, dass zu wenig Kinder mit diesem Sport anfangen würden. »Trotzdem sieht es nicht rosig aus. Nehmen wir den Winter 2020, da ging nicht viel mit Sprungtraining, weil der Schnee gefehlt hat«, sagte Schmitt jüngst. Man sei »in allen Altersbereichen bis zu den 15-Jährigen hinunter international nicht konkurrenzfähig«, monierte er.

Die immer höheren Temperaturen bedrohen nicht die Ausrichtung der wetterfesten Weltcupspringen, sondern die nächste Generation. Auch werfen sie eine prinzipielle Sinnfrage auf, warum bei warmen Frühlingswetter in den Kunstschnee gesprungen wird. Eisenbichler macht das nichts. »Ich find’s schön. Wir sind die ersten, die anfangen und mit die letzten, die aufhören. Das spricht für unseren Sport, und ich finde es cool, dass wir so viel Wettkämpfe haben«, meint Eisenbichler. Er würde auch zwei Wochen später, also Mitte April, »noch springen«.

Teilnehmerschwund

Ein Problem, das den Weltverband schon konkret betrifft, ist der Teilnehmerschwund im Weltcup. Immer öfter fiel die Qualifikation aus, weil nicht genug Springer dabei sind. Der scheidende Bundestrainer der Frauen, Andreas Bauer, mahnte: »Mir gefällt die Entwicklung im Herren-Skisprung nicht. Es gibt fünf oder sechs große Nationen. Viele andere drohen wegzubrechen.« dpa/nd

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